10-jähriges Kind wendet sich aus der Kinderpsychiatrie an Präsident Klaus
Ein 10-jähriges Kind sitzt seit über einer Woche in der Kinderpsychiatrie des Prager Krankenhauses Motol, weil es nach dem Urteil eines Richters aufgrund von Streitigkeiten der Eltern zu Hause nicht gut aufgehoben ist. Keine Sache für den Präsidenten, möchte man meinen - oder doch?
So heißt es in dem Brief, den Tereza in der Kinderpsychiatrie des Prager Krankenhauses Motol geschrieben hat und den am Dienstag Präsident Vaclav Klaus in seiner Post gefunden hat. Das Kind ist seit über eine Woche in der Kinderpsychiatrie. Die Ärzte sind allerdings der Ansicht, dass Tereza nicht dorthin gehört. Anders sieht das der zuständige Richter Miloslav Sladek. Begründung: Die Mutter ist mit ihrer Elternrolle überfordert und hat den Kontakt des Kindes mit seinem Vater verhindert. Nun hat Tereza Papier und Stift zur Hand genommen oder zur Hand bekommen und sich an den Präsidenten persönlich gewandt. Der bittet noch am selben Tag die zuständigen Ärzte um eine Beurteilung und lässt dann eine Erklärung veröffentlichen.
"Auf der Grundlage des für ihn überzeugenden und eindeutigen Standpunktes des Krankenhauses Motol, hat der Präsident den Richter Sladek aufgefordert, sich unverzüglich mit dem Fall zu befassen und seine ursprüngliche Entscheidung - falls möglich - zurückzunehmen." Soweit die Leiterin der Presseabteilung des Präsidialamtes, Alena Velika.
Auch unter den übrigen Politikern entfesselt sich wegen der richterlichen Entscheidung plötzlich parteiübergreifend ein Sturm der Entrüstung.
"Die Entscheidung ist höchst unglücklich, höchst inadäquat und außerordentlich gefühllos gegenüber dem Kind", sagt Arbeits- und Sozialminister Petr Necas (ODS)."Jede Stunde, jeder Tag hat größere Auswirkungen, mit denen das Kind dann klarkommen muss", meint die Ministerin für Menschenrechte und Minderheiten, Dzamila Stehlikova.
Juristen sehen den Fall anders. Für Vojtech Cepl von der juristischen Fakultät der Karlsuniversität gerät durch das Eingreifen des Präsidenten die Gewaltenteilung aus dem Gleichgewicht:"Der Herr Präsident sollte als Vertreter der Exekutive nicht in dieser scharfen Form in die richterliche Gewalt eingreifen."
Und Jaromir Jirsa, Präsident der Richtervereinigung der Tschechischen Republik, wundert sich über die eifrigen und eilfertigen Urteile der Politiker:
"Was mich bei der ganzen Angelegenheit etwas befremdet, ist, dass alle Politiker eiligst die Verfahrensweise des Richters verurteilen, ohne dass auch nur einer von ihnen eine Seite aus der richterlichen Begründung gesehen hat."