Barfuß nach Gutwasser: tschechisch-deutsche Wallfahrt

Kirche des hl. Guntherus in Dobra Voda, foto: Magdalena Čížková, CC BY-SA 3.0 Unported

In Dobra Voda / Gutwasser bei Hartmanice /Hartmanitz im Böhmerwald befindet sich die weltweit einzige Kirche, die dem heiligen Günther eingeweiht ist. An diesem Sonntag lebt sie durch ein traditionelles tschechisch-deutsches Wallfahrtsfest auf, das an einen in Tschechien ein wenig in Vergessenheit geratenen Heiligen erinnern soll.

Der Heilige Guntherus
Der Heilige Guntherus - tschechisch Vintir - war ein mittelalterlicher Magnat aus Thüringen, der in seinem 55. Lebensjahr Mönch im bayerischen Niederalteich wurde. Die Legende schildert ihn als erfolgreichen Diplomat und Friedensstifter. Er soll etwa um das Jahr 1040 als Vermittler bei der Beilegung eines deutsch-böhmischen Konfliktes geholfen haben. Zugleich hat er Schritt für Schritt den damaligen Urwald im Böhmerwald erkundet. In Gutwasser hatte er der Überlieferung nach eine Felsenklause, wo er seine letzten vier Lebensjahre verbrachte. Die Aufenthaltsorte dieses Mannes sind mit vielen Legenden über seine Wunderheilungen verbunden. Der Guntheruskult ist daher sehr stark im Böhmerwald. Zur offiziellen Kanonisierung kam es jedoch nie, erklärt Vladimir Horpeniak aus dem Böhmerwaldmuseum in Kasperske Hory / Bergreichenstein:

"Die Heiligsprechung des Guntherus befürwortete der böhmische Premysliden-König Otakar II. erst im 13. Jahrhundert. Der Tod des Königs in der Schlacht auf dem Marchfeld brach aber diese Initiative ab, und später stand sie nicht mehr auf der Tagesordnung. Es gibt jedoch eine Papstbulle aus dem 17. Jahrhundert, die die Heiligkeit von Guntherus aufgrund der allgemeinen Volksverehrung zugesteht. Die Kirche hat also die lange Tradition akzeptiert."

Kirche des hl. Guntherus in Dobra Voda,  foto: Magdalena Čížková,  CC BY-SA 3.0 Unported
In der Vergangenheit kamen regelmäßig Tausende Pilger von beiden Seiten der Grenze zur Guntheruskirche in Gutwasser. Der Zweite Weltkrieg und die nachfolgende Trennung durch den Eisernen Vorhang machten jedoch Schluss mit den gemeinsamen Wallfahrten. Die kommunistische Armee nutzte das Kirchengebäude als Munitionslager und zerstörte den ganzen Innenraum. Die Wallfahrten fingen wieder nach der gründlichen Renovierung der Kirche 1995 an. Die deutschen Pilger aus dem bayerischen Ort Rinchnach, wo Guntherus das dortige Kloster gründete, kommen regelmäßig zu Fuß nach Tschechien. In Gutwasser erwartet sie traditionell eine zweisprachige Messe in Tschechisch und Deutsch. Die Reise organisiert Günter Iberl vom Guntherverein in Regensburg.

"Die Fußwallfahrt an sich ist eine richtige Wallfahrt, bei der man sich auf den Weg macht. Es ist anstrengend, aber es ist zugleich ein Bild für die ganze menschliche Pilgerschaft. Es gibt sicher auch Leute, die das als Wanderung verstehen. Der Großteil nimmt es jedoch als Wallfahrt, um zum heiligen Günther zu kommen. Man weiß nie genau, wie viele Leute zu erwarten sind, weil sie spontan hingehen. Die Zahl schwankt immer zwischen 50 und 150 Personen", meint Günher Iberl aus Bayern.

Dort ist die Verehrung des Heiligen Günther im Übrigen deutlich stärker verwurzelt als in Tschechien. Noch im Juni beginnt zum Beispiel in Rinchnach das 58. Guntherfest mit reichem viertätigem Programm.