Fußball: Tschechiens Nationalelf enttäuscht in Cardiff - Torwart Blazek fühlt sich fit für Nürnberg

Tschechien-Wales (Foto: CTK)

Zur Monatswende vom Mai zum Juni schwang "König Fußball" noch einmal kräftig das Zepter im Reich des tschechischen Sports. Doch besonders das, was die Elitekicker des Landes bei ihrem Gastspiel in Cardiff boten, war für die Fußballfans zwischen Eger und Oder alles andere als eine königliche Erbauung.

Tschechien-Wales  (Foto: CTK)
Die tschechische Fußball-Nationalmannschaft bestritt am vergangenen Samstag in Cardiff gegen Gastgeber Wales das siebte Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft 2008. Es war ihr letztes im Frühjahr dieses Jahres, und das wollten die Spieler um Kapitän Tomas Rosicky nach Möglichkeit mit einem Sieg abschließen. Doch heraus kam nur ein ganz müder Kick, bei dem sich beide Mannschaften mit einem torlosen Remis trennten. Nach der Partie zeigte Nationaltrainer Karel Brückner für das lethargische Auftreten seiner Schützlinge auch noch Verständnis, denn seine kritischen Worte hielten sich in Grenzen:

"Von der Leistung her haben wir damit gerechnet, dass es Probleme geben könnte. Denn es war zu sehen, dass die Spieler am Ende einer langen Saison stehen und nur noch wenig Power haben. Ich wusste, dass Wales ein unangenehmer und schwieriger Gegner ist. Unsere Abwehrarbeit war sehr gut und entsprach meinen Vorstellungen. Sehr enttäuscht hat mich jedoch unser offensives Spiel. Nicht nur, weil wir kein Tor erzielt haben, sondern auch, weil wir auch sehr holprig und schlecht im Abschluss agiert haben."

Nach dieser schwachen Vorstellung war auch den meisten Spielern anzumerken, dass sie noch nicht so recht einordnen können, welche Auswirkungen dieses 0:0 in der Endabrechnung der Gruppe D haben könnte. Tomas Rosicky meinte:

"Ich denke, das gilt für jeden, dass wir jetzt nicht so richtig wissen, woran wir sind. Sicher, wir haben zwei Punkte verloren, denn wir wollten hier gewinnen. Aber erst in der Endabrechnung wird sich zeigen, ob wir die Punkte wirklich eingebüßt haben oder ob es ein wertvoller Punktgewinn für uns war."

Die SPORT- Reportage

Vitezslav Lavicka  (Foto: CTK)
Die tschechischen Elitekicker hatten also im Frühjahr nicht sonderlich viel zu bieten: der 1:2-Heimniederlage gegen Deutschland folgten ein erzitterter 1:0-Sieg über Zypern und zum Abschluss das 0:0 in Wales. Angesichts dieser Magerkost war der hiesige Fußballfan erfreut, dass ihm diesmal zumindest die einheimische Gambrinus Liga ein spannendes und unterhaltsames Saisonfinale beschert hat. Bis zwei Spieltage vor Ultimo hatten noch vier Mannschaften die Chance, den Meistertitel zu gewinnen. Eine davon war Titelverteidiger Slovan Liberec. Doch am Ende landeten die Nordböhmen nach ihrer abschließenden 0:4-Pleite in Mlada Boleslav nur auf dem undankbaren vierten Platz. Undankbar deshalb, weil sie nun anstatt in der Qualifikation zur Champions League nur im Intertoto Cup antreten dürfen. Der in der Neißestadt beliebte Trainer Vitezslav Lavicka nahm einen Tag nach dem letzten Spieltag seinen Hut, betonte aber, seine Entscheidung unabhängig vom Saisonresultat getroffen zu haben:

"Die Entscheidung, meine Tätigkeit als Trainer von Slovan Liberec zu beenden, ist bei mir schon längere Zeit während der Saison gereift. Um es klar zu sagen: An meiner endgültigen Entscheidung hätte auch eine bessere Platzierung als der vierte Rang nichts geändert."

Karel Poborsky  (Foto: CTK)
Nicht mehr zu rütteln war und ist auch an der Entscheidung, die einer der genialsten Kicker des tschechischen Fußballs im zurückliegenden Jahrzehnt für sich getroffen hat: Karel Poborsky. Mit dem Heimspiel seiner Mannschaft Dynamo Ceske Budejovice am 30. Spieltag gegen Slavia Prag beendete der Rekordnationalspieler des Landes seine aktive Karriere. Der 35-jährige Poborsky, der 118 Mal ins Auswahltrikot schlüpfte und während seiner Laufbahn u. a. für Manchester United, Benfica Lissabon und Lazio Rom spielte, hatte bei seinem Abschied auch die eine oder andere Träne im Knopfloch:

"Wir haben fünf Spieltage hintereinander verloren. Deshalb wollten wir im abschließenden Heimspiel nochmals punkten. Das ist uns leider nicht gelungen. Die Fans unserer Mannschaft haben mir jedoch einen Abschied bereitet, der mich emotional sehr bewegt. Das war wirklich schön."

Poborsky hat es bereits anklingen lassen: Budweis hat das letzte Spiel gegen Slavia Prag mit 1:2 verloren. Für die Südböhmen war das nicht so tragisch, denn sie sind auf ihren zehnten Tabellenplatz geblieben. Doch für die Gäste aus der Hauptstadt erfüllte sich dank des Sieges und der gleichzeitigen Niederlage von Liberec in Mlada Boleslav noch eine kleine, kaum noch gehegte Hoffnung: der Sprung auf den Vizerang, der den Rot-Weißen die Teilnahme an der Qualifikation zur Champions League ermöglicht. Lange hatten die Prager in der Rückrunde an der Tabellenspitze gelegen, ehe sie in eine fünf Spieltage währende Formkrise schlitterten und bis auf Platz vier abrutschten. Deshalb war Slavia-Coach Karel Jarolim auch die Zufriedenheit anzumerken, als das Tabellenbild feststand:

"Nun, das ist eine Erleichterung. Zu Beginn des Frühjahrs sah es noch so aus, dass wir von einer noch besseren Platzierung träumen können. Dann fielen wir in eine Krise, die ziemlich lange anhielt und uns aus dem Titelrennen geworfen hat. Aufgrund dieses Saisonverlaufs dürfen wir am Ende zufrieden sein, wenigstens noch auf den zweiten Platz vorgerückt zu sein."

Den Titel aber gewann der Erzrivale aus der Goldenen Stadt, der tschechische Rekordmeister Sparta Prag. Mit einem 5:0-Heimsieg verteidigten die Dunkelroten ihren zuvor mühsam erkämpften Ein-Punkte-Vorsprung bis ins Ziel und konnten daher mit ihren Fans nach dem Schlusspfiff ausgiebig jubeln:

Der Meisterpokal wurde von Torwart Jaromir Blazek in die Höhe gestemmt, der an diesem Tag den gesperrten Tomas Repka als Kapitän vertrat. Repka stand zwar in Zivil zur Pokalübernahme bereit, doch auch er verspürte, dass der größte Applaus in jenen Minuten nur einem gehörte - dem 34-jährigen Keeper, der sein letztes Spiel im Sparta-Trikot bestritt und in der nächsten Saison für den 1. FC Nürnberg halten wird. Mit Dauersprechchören und Standing Ovations war Blazek, der fast sieben Jahre für die Prager spielte, von den Sparta-Fans verabschiedet worden. Als er nach der Begegnung den Journalisten auf der Pressekonferenz Rede und Antwort stand, war er immer noch ganz ergriffen von der Sympathiewelle, die ihm entgegenschlug. Und so antwortete er auf die Frage, ob er sich seinen Abschied in Prag so vorgestellt habe:

Sparta-Most  (Foto: CTK)
"Es ist noch um hundertmal schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Die Pokale sind herrlich. Aber vor allem die Fans haben mich heute verblüfft. Sie waren einfach wunderbar."

Gegenüber Radio Prag schilderte Blazek, dass er das Engagement beim deutschen Pokalsieger als Herausforderung ansehe und er sich dafür auch bestens präpariert fühle:

"Ich fühle mich fit und bisher habe ich auch keine gesundheitlichen Probleme. Ich habe Lust auf Fußball und stelle an mir selbst fest: Je älter ich werde, umso mehr Spaß habe ich an meinem Beruf. Daher würde ich gern noch das eine oder andere Jahr im Profifußball verbringen, und wenn ich zurückkehre, dann will ich die Karriere beenden."

Bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass Blazek auch die Fans in Nürnberg von seiner Leistungsfähigkeit überzeugen kann. Denn dann könnten ihm auch dort solche Sprechchöre entgegen schallen:

Autor: Lothar Martin
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