Zwei Ex-Minister der Nachwenderegierung als Geheimagenten identifiziert

Miroslav Vacek (Foto: CTK)

Drei Jahre bearbeiten nun schon Mitarbeiter des tschechischen Militärnachrichtendienstes Tausende von Dokumenten aus der kommunistischen Zeit, die sich in 202 Säcken befinden und wohl nur durch Zufall dem Reißwolf entgangen sind. Erst am Dienstag konnte die Öffentlichkeit mehr über diese Dokumente erfahren. Das hing wohl damit zusammen, dass zwei prominente Namen aufgetaucht sind: Richard Sacher und Miroslav Vacek waren Innen- beziehungsweise Verteidigungsminister in der ersten tschechoslowakischen Nachwenderegierung. Nun wurden sie als aktive Mitarbeiter der kommunistischen Geheimpolizei identifiziert.

Miroslav Vacek  (Foto: CTK)
Das muss eine Überraschung gewesen sein. Plötzlich stapelten sie sich da zum Durchstöbern. Anfang der 90er Jahre waren sie in einem Versteck des kommunistischen Auslandsspionagedienstes gelandet: nämlich 200 Säcke mit Dokumenten. Erst 2004 ist man wieder auf sie gestoßen. Auch Ladislav Sticha, Sprecher des Militärnachrichtendienstes, wundert sich darüber:

"Es sind zehn Jahre vergangen, ohne dass jemand die sozusagen ´zur Seite geschobenen´ Dokumente vermisst oder gesucht hätte. Erst im Jahr 2003 informierte der damalige Direktor des Nationalen Sicherheitsamtes über Lücken in den vom militärischen Nachrichtendienst bereit gestellten Daten."

Richard Sacher  (Foto: CTK)
Mit diesen Dokumenten konnten nun etwa 1800 Akten ergänzt werden. Unter den gefundenen Namen der Spitzel und der Bespitzelten ist aber kein Unbekannter aufgetaucht. An die Adresse der Personen, die die Dokumente versteckt hatten und bis 2003 als Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsamtes (NBU) wirkten, sagt Sticha:

"Kaum zu glauben, 14 Jahre lang ist es ihnen gelungen, die Anwendung des Lustrationsgesetzes in der Praxis zu verhindern. Damit konnten sie ihre eigene Überprüfung sowie die von anderen Personen vereiteln. Logischerweise verletzten sie auf diese Weise auch internationale Abkommen, die im Bereich der Personalsicherheit für Tschechien verbindlich sind."

Der ehemalige Verteidigungsminister Miroslav Vacek. Er zeigt sich aber nicht überrascht. Nach der Wende habe er doch als Ressortchef selbst seinen Namen auf der Liste der Geheimdienstmitarbeiter, den Decknamen inklusive, entdeckt, sagt er heute und fügt eine rhetorische Frage betreffs seiner Präsenz im Agentenverzeichnis hinzu:

"Was hätte ich machen können? Einfach die Dokumente liquidieren! Ich habe aber gesagt: Nein, kein normaler Mensch kann dies für einen Beweis meiner Zustimmung zur Zusammenarbeit halten."

Nach Informationen von Ladislav Sticha sind von den insgesamt 202 Säcken bis dato 144 bearbeitet worden. Beinhaltet haben sie rund 83.000 Geheimdokumente.