Ende der Regierungskrise: Zwei CSSD-Abtrünnige wollen das Kabinett tolerieren
Die sieben Monate dauernde politische Krise nähert sich aller Wahrscheinlichkeit nach dem Ende. Zwei Sozialdemokraten werden das Kabinett von Mirek Topolanek unterstützen. Bei der Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus wollen sie den Saal verlassen. Wenn die aus Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Grünen zusammengesetzte Koalition geschlossen abstimmt, dann werden ihre 100 Abgeordnetenstimmen reichen, um der Regierung das Vertrauen auszusprechen.
"Das sind die Anschuldigungen, die am häufigsten vorgebracht werden. Ich habe ein reines Gewissen und bin absolut ruhig. Wenn ich die bisherige Situation betrachte, meine ich, dass kaum jemand in der Lage wäre, eine andere Lösung der politischen Lage zu finden."
Im Unterschied zum ehemaligen Vizegesundheitsminister Pohanka kommt Melcak vom linken Flügel der CSSD-Abgeordneten. Für den größten Erfolg, der während der Verhandlungen erreicht wurde, hält er Folgendes:"Ich schätze es vor allem, dass das Kabinett den Dialog mit den Gewerkschaften nicht unterbrechen wird. Das heißt, dass die Gewerkschaften in die Diskussion über wichtige Gesetze immer miteinbezogen werden, dass ihre Meinung gehört wird und vor allem dass sich die Regierung um die Beibehaltung des sozialen Friedens im Land bemühen will."
Die Beweggründe, die die beiden Abgeordneten für ihre Entscheidung nannten, haben auf ihre Parteikollegen kaum Eindruck gemacht. Betrug, Verrat, Korruption - diese Begriffe waren von Parteichef Jiri Paroubek an die Adresse der beiden Abtrünnigen zu hören:
"Die Herren Abgeordneten Pohanka und Melcak sind Verräter, die aus Gründen, die wir nun ahnen können und für mich persönlich eine große Enttäuschung sind, die ganze Zeit lang ein heuchlerisches Spiel gespielt haben."Richtig empört schien auch der sonst in seiner Ausdrucksweise eher zurückhaltende Vizechef der Sozialdemokraten, Bohuslav Sobotka, zu sein:
"Der heutige Tag ist meiner Meinung nach ein schwarzer Tag für die politische Kultur in Tschechien. Ich muss sagen, dass das, was die Herren Topolanek, Pohanka und Melcak auf der Presskonferenz vorgeführt haben, ein sehr trauriges Spektakel war. Ich habe mich dabei an die Dokumentaraufnahmen über die Schauprozesse in den fünfziger Jahren erinnert."
Die Tolerierung des Kabinetts während der Vertrauensabstimmung bedeutet aber noch keine langfristige Unterstützung der Regierungspolitik. Dessen ist sich auch Premier Mirek Topolanek bewusst:
"Die Entscheidung der beiden Abgeordneten bedeutet weder die Tolerierung der Regierung während der ganzen Amtszeit noch die Unterstützung aller Gesetze. Wir haben uns aber auf einige Änderungen im Regierungsprogramm geeinigt, und zwar im Bereich der Steuern, des Gesundheitswesens, im Sozialbereich und in einigen weiteren Bereichen."
Soweit Premier Topolanek, der offensichtlich die schwierigste Etappe seiner politischen Karriere vor sich hat.