Konservativ-liberale Dreierkoalition startet ihren nächsten Versuch

Martin Bursik (SZ), Jiri Cunek (KDU-CSL) und Mirek Topolanek (ODS) (Foto: CTK)

In der Tschechischen Republik sind derzeit fast alle Menschen ziemlich beschäftigt: Die Mehrzahl der Bürger mit Weihnachtseinkäufen und die Politiker weiterhin mit sich selbst. Denn seit die stärkste Parlamentspartei, die Partei der Bürgerdemokraten (ODS), Mitte letzter Woche die Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten abgebrochen hat, ist die Hoffnung auf eine baldige Regierung mit parlamentarischem Segen wieder ein Stück geschwunden. Jetzt verfolgt die ODS ein weiteres Mal das bislang erfolglose Modell einer Dreierkoalition mit den Christdemokraten (KDU-CSL) und den Grünen (SZ).

Martin Bursik  (SZ),  Jiri Cunek  (KDU-CSL) und Mirek Topolanek  (ODS)  (Foto: CTK)
Laut Adam Ries, dem großen deutschen Rechenmeister des 16. Jahrhunderts, ist 100 genau die Hälfte von 200. Und da sich seit den Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus im Juni dieses Jahres je genau 100 Mandatsträger eines Mitte-Rechts-Bündnisses und des linken Lagers wie zwei Pole gegenüberstehen, ist es in Tschechien immer noch nicht zur Bildung eines neuen Kabinetts gekommen, das dank einer mehrheitlichen Unterstützung des Parlaments auch rechtskräftig regieren kann. Denn auch die Versuche, mit mehrheitsfähigen Koalitionen für klare Verhältnisse zu sorgen, scheiterten ein ums andere Mal am chronischen Vertrauensdefizit zwischen Bürger- und Sozialdemokraten. Deshalb kramte der mit der Regierungsbildung schon das zweite Mal beauftragte ODS-Chef Mirek Topolanek nach dem letzten Flop erneut sein Lieblingsmodell hervor - eine Dreierkoalition mit den Christdemokraten und den Grünen. Wie dieses Bündnis nun auf einmal eine Abgeordnetenmehrheit hinter sich bringen will, dazu sagte Topolanek trotzig:

"Diese Regierung wird eine Programmerklärung vorlegen, die sehr konkret sein wird. In dieser Erklärung werden alle einzelnen Ziele und die detaillierten Schritte, wie wir zu ihnen gelangen wollen, verankert sein. Mit diesem Reformprogramm wird die Regierung die Vertrauensfrage stellen."

Milos Melcak  (Foto: CTK)
Das Mitte-Rechts-Bündnis der voll auf Marktwirtschaft orientierten Bürgerdemokraten, der konservativen Christdemokraten und der liberalen Grünen kommt aber auch mit einem erneut sehr hoch gehängten Reformprogramm noch nicht auf mindestens 101 Abgeordnetenstimmen. Deshalb spricht man nicht offen aus, was man eigentlich im Schilde führt: Die Stimmenmehrheit soll mit Hilfe eines Überläufers aus den Reihen der Sozialdemokraten gewonnen werden. Mit Michal Pohanka und Milos Melcak gibt es nämlich zwei Abtrünnige, die aus der sozialdemokratischen Fraktion bereits ausgetreten sind. Andererseits hat Jiri Cunek, der neue Vorsitzende der Christdemokraten, ziemlich unmissverständlich verlauten lassen, dass ein von Wackelkandidaten abhängiges Kabinett für eine konstruktive Regierungsarbeit keinen Sinn mache. Um von der Frage, inwieweit die Christdemokraten einer Regierungsbildung auf der Basis von "Fremdgängern" dennoch zustimmen würden, offenbar abzulenken, hat Cunek daher nun noch ein anderes Fass aufgemacht:

"Ich bin im Wesentlichen der Meinung, dass die Vorsitzenden der Parteien, die die Regierung bilden, auch im Kabinett sein sollten. Damit es dann kurz vor den nächsten Wahlen nicht zu der Situation kommen kann, dass ein Parteichef wiederholt das Wort ergreifen und die Regierung kritisieren kann, indem er betont, dass er nicht in der Regierung vertreten war."

Aus den Worten von Cunek wird wieder eines deutlich: Der Weg zu einer neuen Regierung in Tschechien ist längst noch nicht geebnet. Und weil Topolanek diese schon zum Nikolaustag versprochen hat, sie aber jetzt eher zu Weihnachten oder Neujahr für realistisch hält, sollte sich schon mal der Osterhase darauf einstellen, dass er es womöglich sein wird, der die Lösung aus der Krise endlich finden muss.