Politische Commedia dell´arte in Tschechien
Genau drei Monate und einen Tag hat es nach der jüngsten Parlamentswahl gedauert, bis am Montag dieser Woche die neue tschechische Regierung vereidigt werden konnte. Im nun folgenden Radiofeuilleton wirft Jitka Mladkova einen Rückblick auf die Ereignisse, die dem Zustandekommen der ODS - Minderheitsregierung von Mirek Topolanek vorausgegangen waren.
Man schrieb den 23. August. Einen Tag später schlug aber der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel in der politischen Landschaft ein. Zusammengefunden haben buchstäblich über Nacht zwei Parteien, die durch wiederholte Äußerungen ihrer Chefs zuvor einen tiefen Graben zwischen sich ausgehoben hatten. Nun war dieser aber wie mit einem Zauberstab weggeschafft. Vor laufenden Kameras konnten der Sozialdemokrat Jiri Paroubek und sein christdemokratisches Pendant Miroslav Kalousek der Nation ihren Willen offenbaren, Gespräche zur Bildung einer gemeinsamen Regierung aufzunehmen. Dies mit der Begründung, beide Parteien hätten eine reichhaltige historische Erfahrung, und beiden gehe es um die Verantwortung für den Staat.
Dabei war jedoch klipp und klar: Diese Liaison würde bei einer Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus nur mit Unterstützung der Kommunisten möglich sein. Der Christdemokrat und eingefleischte Antikommunist Kalousek erklärte sich bereit, diese bittere Pille zu schlucken. Schon einen Tag nach der Juniwahl verkündete der unermüdliche Kritiker der gemeinsamen Parlamentsabstimmungen von Sozialdemokraten und Kommunisten, Zitat:"Wir haben unseren Wählern versprochen, dass wir uns an keiner Regierung beteiligen werden, die sich auch nur auf eine einzige kommunistische Stimme stützen würde."
Mit seinem Salto mortale schockierte Kalousek zwar die breite Öffentlichkeit, doch in seiner eigenen Partei hat er sogar ein Erdbeben ausgelöst. Das Fazit: Er und weitere zwölf führende Christdemokraten traten von ihren Posten zurück und wurden durch neu gewählte Parteikollegen ersetzt. Und wie ist ansonsten der aktuelle Stand der Dinge in Tschechien?Es hat eine neue Regierung, die faktisch ohne Chancen ist, die bevorstehende Vertrauensabstimmung zu überleben. Ex Premier Jiri Paroubek beruhigt mutig seine Sympathisanten, sie sollen noch zwei Monate abwarten, dann sei er wieder im Amt. Miroslav Kalousek beteuert, nach wie vor Antikommunist zu sein. Und Otto Normalbürger? Der fragt sich, ob er bei den vorgezogenen Wahlen, die die einen herbei beschwören und die anderen um jeden Preis verhindern wollen, überhaupt an die Wahlurne gehen wird.