Ein Monat Punktesystem - massiver Unfallrückgang

Trotz der Dauer-Regierungskrise in Tschechien - eines der heißesten Themen in diesem Sommer ist das im Juli neu eingeführte Strafpunktesystem für Autofahrer. Nach einem Monat mit dem neuen Strafkatalog hat sich Thomas Kirschner nach den ersten Erfahrungen umgehört.

Foto: Archiv Radio Prag
Thomas, ein Monat Punktesystem - wie fällt die erste Bilanz aus? Haben die neuen Regeln ihren Zweck erfüllt?

Wenn man von der Verkehrssicherheit ausgeht, die ja schließlich im Mittelpunkt stehen soll, dann muss man sagen: Ja, das Punktesystem hat sich bewährt, und zwar mit einer Eindeutigkeit, die eigentlich jeden in Tschechien überrascht. Das bestätigt auch Pavla Kopecka vom Tschechischen Polizeipräsidium: Das Verhalten der Autofahrer habe sich spürbar geändert, es werde in Tschechien ruhiger und mit mehr Rücksicht gefahren. Und das lässt sich ganz klar auch an der Statistik nachweisen: Die Zahl der gemeldeten Unfälle ist im Juli im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel gefallen. Dabei spielt vielleicht auch mit eine Rolle, dass sich die Autofahrer bei Bagatellschäden aus Angst vor Strafpunkten lieber ohne die Polizei einigen. Ganz eindeutig ist die Situation aber bei der Zahl der Verkehrstoten. Die ist um genau die Hälfte zurückgegangen - von 104 Unfalltoten im Juli 2005 auf 52 im vergangenen Monat. Nachdem man in den letzten Wochen aus den tschechischen Medien den Eindruck gewinnen konnte, dass das Punktesystem nur eingeführt wurde, um allen tschechischen Autofahrern den Führerschein wegzunehmen, zeigt sich nun, dass die Regeln durch aus einen positiven Effekt haben können.

Trotzdem gibt es aber anhaltende Kritik an dem neuen Strafkatalog.

Jaromir Jagr  (Foto: CTK)
Ja, aber die bezieht sich inzwischen überwiegend darauf, dass die Verstöße in Tschechien im Vergleich zu den Nachbarländern teilweise unverhältnismäßig hart geahndet werden. So wurde etwa zum Beispiel Bekannte die halbe Nacht auf der Polizeiwache festgehalten, weil sie 0,1 Promille Alkohol im Blut hatte. Die Härte der Strafen musste auch Eishockey-Star Jaromir Jagr am eigenen Leib erfahren, der nun für einige Monate seinen Führerschein los ist, weil er auf einem Behindertenparkplatz geparkt hat. Verkehrsminister Milan Simonovsky hat schon angedeutet, dass es bei den Strafmaßen wohl noch Korrekturen geben wird. Aber womöglich war es ja auch gerade dieser Straf-Schock, der die tschechischen Autofahrer wachgerüttelt hat.

Und was passiert, wenn der erste Schock überwunden ist?

Das ist genau die Frage, ob die Beruhigung auf den tschechischen Straßen eine nachhaltige Entwicklung ist, oder ob die Autofahrer sich in drei Monaten an die neuen Strafen gewöhnt haben, und dann wieder so rasant gefahren wird, wie zuvor. Auf einen Gewöhnungseffekt setzt man auch bei der Polizei, allerdings auf den umgekehrten - nämlich darauf, dass die Autofahrer sich an den derzeitigen defensiveren Fahrstil gewöhnen. Dann nämlich gibt es die realistische Hoffnung, dass in diesem Jahr auf tschechischen Straßen erstmals weniger als 1000 Verkehrstote zu beklagen sein werden.