Auch im fünften Versuch ist es am Freitag den tschechischen Abgeordneten nicht gelungen, einen neuen Vorsitzenden für die untere Parlamentskammer zu wählen - und damit die entscheidende Weiche für ein Vorankommen der seit Wochen blockierten Regierungsbildung zu stellen.
Premier Jiri Paroubek (Foto CTK)
Eine Überraschung ist es nicht: Wohl kaum jemand in Tschechien hat ernstlich damit gerechnet, dass das tschechische Abgeordnetenhaus am Freitag einen neuen Vorsitzenden haben wird und nach Wochen langer Pause endlich wieder seine Arbeit aufnehmen kann. Erwartungsgemäß erhielt der letztlich einzige Kandidat, der Christdemokrat Jan Kasal, den die Dreierkoalition aus der Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Christdemokraten und Grünen ins Rennen geschickt hatte, lediglich 100 von 200 Stimmen - und damit erneut eine zuwenig. Die Sozialdemokraten hatten ihren Kandidaten Lubomir Zaoralek noch vor Beginn der Wahl zurückgezogen. Ein neuer Wahlgang muss jetzt innerhalb von zehn Tagen stattfinden. In der Unfähigkeit der Abgeordneten, einen neuen Vorsitzenden zu wählen, spiegelt sich die allgemeine Stagnation in den politischen Verhandlungen zwischen dem linken und dem bürgerlichen Lager wider. Der Dreierkoalition ist es bislang nicht gelungen, die Sozialdemokraten zur Tolerierung ihres Bündnisses zu bringen - im Gegenteil: der noch amtierende Premierminister Jiri Paroubek erklärte am Freitag das Projekt der Dreierkoalition für tot und schloss eine Unterstützung durch die Sozialdemokraten aus:
ODS-Vorsitzender Mirek Topolanek (Foto: CTK)
"Wir konnten uns im Laufe dieser Woche erneut davon überzeugen, dass die Gestalt der Dreierkoalition für irgendeine Art von partnerschaftlichen Gesprächen nicht geeignet ist. Diese Koalition hat uns nicht davon überzeugt, dass sie ein handlungsfähiges politisches Bündnis ist - schon allein deshalb, weil sie über keine Stimmenmehrheit im Abgeordnetenhaus verfügt. Die Herren hatten sich offenbar vorgestellt, dass wir ihnen eine Art Blankocheque für alles ausstellen."
ODS-Chef Mirek Topolanek hingegen beharrte auf demselben Standpunkt, den er in den letzten Tagen bereits wiederholt geäußert hatte:
"Nicht wir sind es, die die Verhandlungen unterbrochen haben, und deshalb erwarten wir jetzt von den Sozialdemokraten, dass sie uns eindeutig ihre Bedingungen für eine eventuelle Tolerierung unserer Koalitionsregierung vorlegen. Erst dann macht es Sinn, weiter über ein mögliches Abkommen zu verhandeln, über das wir im Grunde schon vergangenen Freitag zu diskutieren begonnen haben."
Weiter wirft die Dreierkoalition den Sozialdemokraten vor, dass ihr einziges Ziel sei, selbst zu regieren, obwohl sie auch mit Unterstützung der Kommunisten nicht über eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfügen, keinen Koalitionspartner haben und darüber hinaus nicht der Wahlsieger sind.