Einigung oder doch nicht? Weiter Tauziehen um Regierungsbildung
Wer soll die Regierungsgeschäfte in Tschechien und der EU führen? Diese Frage beschäftigt bereits seit rund zehn Tagen die tschechische und die europäische Öffentlichkeit. Am 24. März hat das Abgeordnetenhaus der Regierung Topolánek das Misstrauen ausgesprochen. Seither ringen die Spitzenvertreter der politischen Parteien um die Macht im Land. Dienstagnacht sah es noch nach einer baldigen Einigung aus. Seit Mittwoch stehen die Zeichen allerdings wieder auf Sturm. Daniel Kortschak fasst zusammen.
„Ich frage Jiří Paroubek, ob es ihm wirklich um eine Einigung seiner Sozialdemokraten mit den drei Koalitionsparteien geht, oder ob er nur vorgibt, zu verhandeln und ihn Wahrheit schon mit den Kommunisten 101 Stimmen für eine neue gemeinsame Regierung gefunden hat.“
In diesem Fall möge Paroubek doch zu Präsident Václav Klaus gehen und um den Auftrag zur Regierungsbildung bitten.„Ich lehne die Bildung einer anderen als einer Übergangsregierung ab. Und ich habe nicht die Absicht, eine solche Regierung irgendwie politisch zu beeinflussen und daraus eine Koalitionsregierung zu machen.“
Gleichzeitig kritisierte der gestürzte Regierungschef Präsident Václav Klaus, der Druck ausübe und den Parteien nicht genug Zeit für Verhandlungen lasse. Über die Hintergründe des plötzlichen Meinungsumschwungs von Mirek Topolánek lässt sich zurzeit nur spekulieren. Seine eigene ODS-Fraktion im Abgeordnetenhaus dürfte mit dem Verlauf der Verhandlungen nicht zufrieden gewesen sein. Topolánek habe den Sozialdemokraten zu große Zugeständnisse gemacht, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Außerdem wolle Jiří Paroubek die Kommunisten an der Regierung beteiligen, so der Vorwurf der ODS-Abgeordneten. Der ČSSD-Chef wies das empört zurück. Von einer Regierungsbeteiligung der Kommunisten könne keine Rede sein.„Ich habe nur gesagt, dass wir diese Fragen auch mit den Kommunisten erörtern werden. Eine unabhängige Partei kann sprechen, mit wem sie will. Das ist allein unsere Sache. Mich interessiert auch nicht, mit wem sich die ODS über die Entsendung von Experten in die Übergangsregierung berät.“
Mirek Topolánek weilt zurzeit in London beim G20-Gipfel. Nach seiner Rückkehr nach Prag am Freitag sind weitere Gespräche zur Lösung der Regierungskrise geplant.