Regierung bei Vertrauensabstimmung gescheitert - Präsident Klaus fordert Denkpause
Das neue tschechische Kabinett von Premier Mirek Topolanek hat es letztlich nicht bekommen: das Vertrauen des Abgeordnetenhauses. Bei der Abstimmung am Dienstagabend unterlag die Minderheitsregierung der Bürgerdemokraten unter Führung von Topolanek mit 96 zu 99 Stimmen. Sie muss nun ihren Rücktritt einreichen. Das weitere Vorgehen liegt in den Händen von Staatspräsident Václav Klaus.
"Ich denke, das kann man nicht als Misserfolg werten. Wir sind nun beim zweiten Versuch angelangt, eine regierungsfähige Mehrheit zusammenzubringen. Meine Regierung wird abdanken, und das führt näher an vorgezogene Neuwahlen heran, so wie es die Verfassung vorschreibt."
Für die Ausrufung von vorgezogenen Neuwahlen müssen in Tschechien der Verfassung nach entweder drei Vertrauensabstimmungen fehlgeschlagen sein, das heißt in der gegenwärtigen Lage nur noch zwei. Oder das Abgeordnetenhaus löst sich selbst auf. Für die Zwischenzeit könnte entweder Topolaneks Minderheitenkabinett, auch wenn es abgedankt hat, formal die Regierungsgeschäfte weiterführen. Oder die Mehrheit der Parteien einigt sich auf eine so genannte Beamtenregierung - also ein Kabinett aus Fachleuten, wie es Tschechien schon einmal 1998 hatte.
Aber Topolaneks wichtigster politischer Gegner, der Ex-Premier und Chef der Sozialdemokraten, Jiri Paroubek, hält Neuwahlen für überflüssig. Seiner Meinung nach sollte Präsident Vaclav Klaus eher so schnell wie möglich jemand Neuen mit der Regierungsbildung beauftragen. Dabei denkt Paroubek vor allem an sich selbst. Er will nun die Initiative ergreifen."Wir Sozialdemokraten werden ein bestimmtes politisches Vorgehen einleiten. Ich möchte dem nicht zu sehr vorgreifen, aber vor allem werden wir uns mit allen politischen Parteien im Abgeordnetenhaus unterhalten", sagte Paroubek.
Eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu finden würde aber auch für Paroubek die Quadratur des Kreises bedeuten. Die einzige Lösung wäre eine große Koalition oder eine Tolerierung durch die Bürgerdemokraten. Deren Chef Topolanek hatte jedoch gestern im Tschechischen Fernsehen erneut betont, dass er sich keine Zusammenarbeit mit Jiri Paroubek vorstellen kann.
In welche Richtung es gehen soll, muss nun Staatspräsident Vaclav Klaus bestimmen, der aber erst im Laufe des Donnerstags von seiner Asienreise zurückkehren wird. Aus China übermittelte Klaus einen ersten Standpunkt, der auf "Abwarten und Tee trinken" hinausläuft, zugleich aber eine Empfehlung enthält:"Schlüsselereignis in den nächsten Tagen und Wochen sind die Kommunal- und Senatswahlen, bis dahin sollte man eine Pause einlegen. Ich denke aber nicht, dass der Staatspräsident prinzipiell auf grundlegende Weise ins Spiel kommen sollte, indem er die eine oder andere Partei bevorzugt und den einen oder anderen zum möglichen zukünftigen Premier ernennt."
Die Denkpause für alle Beteiligten, die Staatspräsident Klaus fordert, würde gut drei Wochen dauern, denn die Wahlen in den Kommunen und für ein Drittel der Sitze im Senat enden erst am 28. Oktober. Ob das genügend Zeit ist, um endlich den Weg zu einer mehrheitsfähigen Regierung in Tschechien zu finden, wird sich zeigen.