Sechs Wochen nach der Wahl keine Einigung zur Regierungsbildung

Von links: Vojtech Filip (KSCM), Mirek Topolanek (ODS), Miroslav Kalousek (KDU-CSL) und Martin Bursik (Grünen) (Foto: CTK)

Die tschechische Wirtschaft boomt, die Tschechische Krone ist stark wie nie, doch all das Positive kann schnell verblassen, wenn, ja wenn sich die Politiker nicht bald einigen werden. Das schrieb dieser Tage die angesehene tschechische Wirtschaftszeitung "Hospodarske noviny" mit dem Verweis auf die weiterhin stagnierenden Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung. Über den aktuellen Stand der schwierigen Suche nach dem politischen Kompromiss informiert Sie nun Lothar Martin.

Von links: Vojtech Filip  (KSCM),  Mirek Topolanek  (ODS),  Miroslav Kalousek  (KDU-CSL) und Martin Bursik  (Grünen)  (Foto: CTK)
An diesem Wochenende sind bereits sechs Wochen seit den Parlamentswahlen Anfang Juni vergangen. Und seit dieser Zeit waren die fünf in das Abgeordnetenhaus gewählten Parteien noch nicht in der Lage, eine neue Regierung zu bilden. Ein gewichtiger Grund dafür ist sicher das diffizile Wahlergebnis, nach dem die Parteien eines möglichen Mitte-Rechts-Bündnisses, bestehend aus Bürgerdemokraten (ODS), Christdemokraten (KDU-CSL) und den Grünen (SZ), über genau die Hälfte der 200 Abgeordnetenmandate verfügen, die dem linken Lager zugerechneten Sozialdemokraten (CSSD) und Kommunisten (KSCM) demnach über die andere Hälfte.

Aus diesem Grund sind bisher auch die zwei Versuche, einen neuen Abgeordnetenhausvorsitzenden zu wählen, gescheitert. Denn weder die Bürgerdemokratin Miroslava Nemcova noch der Christdemokrat Jan Kasal haben bei den Abstimmungen die dafür erforderliche Mehrheit erhalten. Und so hat ODS-Chef Mirek Topolanek, der als Vorsitzender der stärksten Parlamentspartei von Staatspräsident Vaclav Klaus mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, zu Beginn der Woche erstmals die Möglichkeit einer Viererkoalition ins Spiel gebracht. Also einer Regierungsformation, in der außer den Mitte-Rechts-Parteien auch die Sozialdemokraten eine aktive Rolle einnehmen sollen.

Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Nachdem CSSD-Chef Jiri Paroubek seine ablehnende Haltung erstmals aufgab und einer solchen Variante offen gegenüberstand, hoffte man bereits, dass nun endlich ein Ausweg aus der anhaltenden Pattsituation gefunden sei. Aber schon einen Tag später, als Topolanek die Vorsitzenden aller fünf Parteien zur nächsten Verhandlungsrunde lud, wurde klar, dass ein tragender Kompromiss noch nicht gefunden ist. Weshalb? Weil die Sozialdemokraten es abgelehnt haben, einen Kandidaten für den von ihnen gewünschten Posten des Abgeordnetenhauschefs zu benennen, und zwar aus diesem Grund:

An die Wahl eines sozialdemokratischen Abgeordnetenhausvorsitzenden war die Bedingung geknüpft, dass er sofort zurückzutreten habe, wenn die untere Parlamentskammer der aus Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Grünen gebildeten Koalitionsregierung nicht das Vertrauen aussprechen würde. Was sagt uns das? Mit dem Vertrauen der Parlamentspolitiker zu ihren Absichtserklärungen und Bekundungen ist es nicht weit her. Da ist es dann auch schon kein Wunder mehr, dass sich nun mit Vojtech Filip der Chef der allseits verschmähten Kommunisten lautstark zu Wort meldete und frech verkündete:

Präsident Vaclav Klaus mit Martin Bursik  (Foto: CTK)
"Wenn die Blockadehaltung in der politischen Szene weiter anhält, dann werden wir es in Erwägung ziehen, unseren eigenen Kandidaten für den Vorsitz im Abgeordnetenhaus vorzuschlagen."

Diese Äußerung hat bei Noch-Premier Jiri Paroubek, der anscheinend letztlich die Fäden rund um die Regierungsbildung zusammenhält, eher für Erheiterung denn für Verstimmung gesorgt:

"Dann würde die Regierung Topolanek de facto mit Hilfe der Kommunisten entstehen. Denn wenn man den Vorsitzenden gewählt hätte, dann, so setze ich voraus, würden alsbald auch die Abgeordnetenhausausschüsse gewählt. Und das ergebe dann die Möglichkeit, dass die Regierung von Herrn Topolanek ernannt wird."

Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Denn mit dem Makel, ausgerechnet von den Kommunisten inthronisiert worden zu sein, könnte die ODS bei ihrer Wählerschaft wohl kaum bestehen. Und so sind die Blüten noch nicht gezählt, die dieses ganze Polit-Sommertheater noch so mit sich bringen könnte.