Rücktritt vom Rücktritt: Einen Monat nach der Wahl ist keine neue Regierung in Sicht
Vor genau einem Monat haben die Tschechinnen und Tschechen ein neues Abgeordnetenhaus gewählt. Eine Regierung ist aus der neuen Zusammensetzung des Parlaments aber noch nicht hervorgegangen. Gerald Schubert fasst die Entwicklung der letzten Wochen zusammen und berichtet von den jüngsten Wendungen.
Eine mehrheitsfähige Regierung ist derzeit also nicht in Sicht. Bisher ist es dem Abgeordnetenhaus nicht einmal gelungen, sich selbst eine neue Führung zu geben. Jüngste Konsequenz: Am Montagvormittag hat der sozialdemokratische Noch-Premierminister Jiri Paroubek beschlossen, vorerst doch noch nicht zurückzutreten. Und zwar, weil der konservative Staatspräsident Vaclav Klaus ohnehin angekündigt hätte, diesen Rücktritt nicht anzunehmen, so Paroubek:
"Ich wollte mit meiner Demission der Regierung von Herrn Topolanek das Feld überlassen. Bei der Wahl des Abgeordnetenhauschefs am Donnerstag konnte sich dessen Koalition aber davon überzeugen, dass sie nicht einmal die 100 Mandate sicher hat, auf die sie sich stützen will. Das hat offenbar auch die Sichtweise des Präsidenten geändert. Ich möchte nun keine unnötigen theatralischen Gesten setzen. Wenn ich jetzt meinen Rücktritt einreiche, und der Präsident ihn ohnehin nicht akzeptiert, dann bewegen wir uns wirklich an der Grenze zur Lächerlichkeit."Am Freitag will das Abgeordnetenhaus erneut versuchen, eine neue Führung zu wählen. Der Posten des Vorsitzenden hat dabei weit mehr als nur symbolische Bedeutung. Denn wenn der Präsident zweimal jemanden mit der Regierungsbildung beauftragt und beide Versuche scheitern, dann liegt es beim Chef des Abgeordnetenhauses, den dritten Auftrag zu erteilen. Tschechien darf sich also auf einen heißen Politsommer gefasst machen.