Spielhimmel statt Spielhölle
Die Sankt-Adalberts-Kirche in Usti nad Labem / Aussig hätte es vor einigen Jahren beinahe zu trauriger Berühmtheit gebracht: Weil sich kein seriöser Käufer für die Kirche fand, fürchteten viele Bürger schon, das Gotteshaus werde, wie so viele Häuser im Zentrum von Usti, bald zu einer Diskothek oder einer Spielhölle verkommen. Inzwischen dienen die Kirche und das angeschlossene Kloster als Treffpunkt für Kinder, Jugendliche und Familien. Wie der Heilige Adalbert vor den einarmigen Banditen gerettet wurde, berichtet Anneke Hudalla.
Wer mit Filip Husek die Sankt-Adalberts-Kirche in Usti nad Labem betritt, den erwartet derzeit ein reichlich seltsamer Empfang: Giraffen, Elefanten, eine bunte Burg aus Pappmaschee - von den barocken Heiligenfiguren, die hier eigentlich zu erwarten wären, keine Spur. Dass der hell gestrichene Raum überhaupt noch als Gotteshaus genutzt wird, ist allenfalls an der Orgel zu erkennen und an den bescheidenen Überresten eines Holzaltars. Trotzdem ist Filip Husek vom Christlichen Verein Junger Männer in Usti mit dem Zustand der Kirche mehr als zufrieden.
"Wir stehen hier nun also in der Sankt-Adalbertskirche, die vor allem als Konzert- und Ausstellungssaal genutzt wird. Derzeit ist hier eine Ausstellung mit Arbeiten zu sehen, die Kinder aus der Sonderschule in Trmice hergestellt haben. Da vorne, das große Barockbild, zeigt den heiligen Adalbert, das andere den heiligen Benedikt. Natürlich haben die Kommunisten diese Bilder sofort beseitigt - aber nach der Wende wurden sie restauriert und wieder aufgehängt."
Trotz der Renovierung drohte der Kirche vor wenigen Jahren der völlige Untergang: Der Dominikanerorden, der die Kirche zu Beginn des 17. Jahrhunderts übernommen hatte, zog sich Ende der neunziger Jahre aus Usti zurück, bot die Kirche und das Kloster zum Verkauf an - und konnte keinen Käufer finden. Durch das verheerende Elbehochwasser von 2002 verringerten sich die Verkaufschancen noch weiter. Und so willigte der Orden gerne ein, als 2003 der Christliche Verein junger Männer anfragte, ob er die Räume nicht nutzen könne, um hier zu tun, was der CVJM auf der ganzen Welt tut: Jungen Menschen beim Start ins Leben helfen.
"Wir sind vom Sozialplan der Stadt Usti ausgegangen. Viele Kinder hatten hier einfach keinen Ort, wo sie hingehen konnten zum Spielen, denn fast überall kosten diese Angebote etwas. Unsere Kurse sind kostenlos, die Kinder können kommen und gehen und müssen sich zu nichts verpflichten. Meistens handelt es sich dabei um Kinder aus sozial schwächeren Schichten oder aus Roma-Familien. Aber wir haben auch andere Angebote, zum Beispiel unsere Teestube für Jugendliche, die eigene Veranstaltungen organisieren möchten, aber dafür weder das Geld noch die Räumlichkeiten haben."
Orange und Rot leuchten die niedrigen Tischchen und die vielen Sitzkissen, die in der Teestube verstreut liegen. Bücher und Filme stehen im Regal. Bis zu 18 Kinder kommen täglich ins Kloster, um Fußball zu spielen, zu malen, zu fotografieren oder zu töpfern. Für Filip Husek geht es dabei nicht nur darum, den Kindern eine drogen-, zigaretten- und alkoholfreie Freizeitgestaltung beizubringen. Er möchte gerne, dass die Jugendlichen lernen, ihre Meinung zu äußern, die Meinung anderer zu tolerieren und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. "Und wenn die Jugendlichen in der Teestube Erfahrungen sammeln, wie man eine Veranstaltung organisiert, Gäste einlädt und in der Stadt Werbung für die Aktion macht", sagt Husek, "dann lernen sie dabei etwas, was sie ihr Leben lang gebrauchen können."