Nach 70 Jahren im Veitsdom zurück
Im Prager Veitsdom steht seit der vergangenen Woche eine neue Statuengruppe. Sie stellt den Heiligen Adalbert dar.
Der Bau des Veitsdoms wurde erst 1929 beendet. In seinem neueren Teil gegenüber dem Haupteingang erhebt sich zwischen zwei Bankreihen eine beeindruckende Statuengruppe. Sie stellt den heiligen Adalbert dar, begleitet von seinem Halbbruder Radim / Gaudenzius und seinem Lehrer, dem Benediktiner Radla. Die Figurengruppe aus Silber wurde vorige Woche feierlich enthüllt. Anlass war die Überführung der sterblichen Überreste des Prager Erzbischofs Kardinal Josef Beran aus dem Vatikan nach Prag.
Das beide Ereignisse miteinander verknüpft wurden, geschah aus gutem Grund. Denn unter Erzbischof Beran war 1947 im Veitsdom zunächst eine Gipsversion dieser Adalbert-Statue aufgestellt worden. Es war ein Werk von Karla Vobišová, die heute als erste tschechische Bildhauerin gilt. Kurz darauf übernahmen die Kommunisten jedoch die Macht in der Tschechoslowakei, und Beran wurde interniert. Mit ihm sollte auch die Statue verschwinden. Dominika Bohušová ist Dominikanerschwester und arbeitet beim Prager Erzbistum. Sie hat die jetzige Wiederenthüllung des Bildhauerwerks betreut:
„Der Abguss, der im Veitsdom stand, sollte damals zerstört werden. Die Familie der Bildhauerin erfuhr jedoch davon. Sie kamen daher in der Nacht, haben den Abguss in mehrere Teile zerschnitten und zu sich nach Hause gebracht. So ist das Werk erhalten geblieben. In den vergangenen Jahren konnte die Statue restauriert und neu abgegossen werden. Die neue silberne Plastik wiegt rund 300 Kilogramm.“Dombauverein schreibt Wettbewerb aus
Die Statuengruppe ist fast 67 Jahre nach dem Tod von Karla Vobišová im Veitsdom wieder aufgestellt worden. Die Bildhauerin begann vor 80 Jahren mit den Arbeiten. Bestellt wurde das Werk damals vom Dombauverein. Dazu Kunsthistoriker Jiří Kotalík von der Prager Akademie der Künste:
Vobišová und Štěpánek wurden aufgefordert, zuerst verkleinerte Modelle des Werks und anschließend ein Modell in Originalgröße zu schaffen. Der Kunsthistoriker:
„Der Gipsabguss wurde von einer Fachkommission bewertet und im Veitsdom aufgestellt. Die Statuengruppe sollte erst anschließend entstehen. Aber im Februar 1948 kam es zum kommunistischen Umsturz, der Dombauverein wurde aufgelöst. Das Silber, aus dem die Figurengruppe gegossen werden sollte, wurde gestohlen. Das ist eine traurige Geschichte.“Pionierin der Bildhauerei
Auch wenn die breitere Öffentlichkeit heutzutage nicht viel über Karla Vobišová weiß, hält Kotalík sie für eine bedeutende Künstlerin und eine Pionierin in der tschechischen Bildhauerei.
„Sie war die erste Frau, die die Bildhauerschule in Hořice (Horschitz – Anm. d. Red.) absolvierte. Sie studierte bei Bohumil Kafka an der Kunstgewerbeschule in Prag und setzte ihr Studium dann in München und in Wien fort. In den Jahren 1924 bis 1926 arbeitete sie im Atelier von Émile-Antoine Bourdelle in Paris.“
Karla Vobišová war dem Kunsthistoriker zufolge sehr umtriebig: Sie wurde auch Vorsitzende des Verbandes tschechischer Künstlerinnen. In ihrem Schaffen konzentrierte sie sich vor allem auf Porträts, Figuralplastiken, Denkmäler und Gedenktafeln.
Aufgrund des Gipsmodells, das die Bildhauerin vor mehr als 70 Jahren schuf, ist in diesem Jahr die Statuengruppe mit dem heiligen Adalbert entstanden. An der Entstehung der Figuralplastik beteiligten sich Restauratoren der Prager Kunstakademie. Karla Vobišová wünschte sich damals bereits, dass die Adalbert-Figur in Silber gegossen werde. Das sei nun in Erfüllung gegangen, sagte Ordensschwester Dominika. Sie würdigt die Gestaltung des Monuments.„Die Bildhauerin stellt Adalbert dar, wie er gerade aufersteht. Zeugen seiner Auferstehung sind Radla sowie Radim, der den Prager Bischof auf Reisen begleitete. Im Moment des Todes fällt Adalbert der Bischofsstab aus der Hand. Radim fängt den Stab auf, er wurde der erste Erzbischof Polens.“
Der Gipsabguss der Statue, der einst im Veitsdom stand, ist dank der Familie von Karla Vobišová erhalten geblieben. Viera Žáková ist Schwiegertochter der Künstlerin.„Wir hatten die Statue zu Hause. Meine Kinder wuchsen in einer Wohnung auf, in der das Grabmal des Heiligen Adalbert, geschaffen von ihrer Oma, im Salon stand. Ich habe mich mit meinem Mann seit den 1980er Jahren darum bemüht, dass das Kunstwerk doch gegossen und im Veitsdom aufgestellt wird. Der Prager Erzbischof František Tomášek war daran interessiert, aber die Politiker hatten damals wenig Verständnis dafür.“
Adalberts Rückkehr
Erst 2010 wurde auf Initiative des Prager Erzbischofs Dominik Duka mit der Restaurierung der Figurengruppe begonnen. Karla Vobišová arbeitete mit ihrem Mann Josef Žák noch kurze Zeit am Tympanon an der Fassade des Veitdoms. Danach habe die Bildhauerin jedoch keine Aufträge mehr erhalten, sagt Viera Žáková. Aber auch Vobišovás Mann und der gemeinsame Sohn bekamen keine Arbeit mehr.
Karla Vobišová war mit dem Bildhauer Josef Žák verheiratet, dieser unterrichtete an der Kunstakademie in Prag. Die Hochzeit war betont schlicht, der Bräutigam nutzte eine Unterrichtspause, um zum Standesamt zu kommen. Und auch die Braut unterbrach ihre Arbeit im Atelier nur für Kurzes. Viera Žáková und ihre beiden Kinder wollen nun die Öffentlichkeit mit dem Werk von Karla Vobišová vertraut machen.
„Denn die Kommunisten haben sich bemüht, sie vergessen zu machen. So wurde ihr Name aus dem Absolventenverzeichnis der Bildhauerschule in Hořice und aus der Liste der Studenten der Prager Kunstgewerbeschule getilgt. Als ob sie nie studiert hätte. Umso mehr freut uns die Enthüllung der Statue im Veitsdom. Wir wollen in Zukunft eine Galerie eröffnen, in der wir mehrere der Plastiken zeigen. Meine Schwiegermutter hat sich auf Sakralkunst konzentriert, was damals in Europa nicht mehr so normal war. Von ihr stammt beispielsweise eine Plastik der heiligen Agnes von Böhmen, die in der Kirche im Prager Stadtteil Spořilov steht.“
Eines der bekanntesten Werke von Karla Vobišová ist jedoch ein weltliches Werk: die weiße Statue der tschechischen Schriftstellerin Eliška Krásnohorská. Sie steht auf dem Prager Karlsplatz.