Das Parlament "tötet" den tschechischen Film
Von seinem Vetorecht hat der tschechische Präsident Vaclav Klaus in den vergangenen zwei Jahren ziemlich häufig Gebrauch gemacht. Unter anderem lehnte er einen Gesetzesentwurf zur Erweiterung der Fördersumme für den tschechischen Film im Staatsfond von zwei Millionen auf zehn bis 15 Millionen Euro ab mit der Begründung, die Filmindustrie sei ein Geschäft wie jedes andere. In vielen Fällen konnte das Parlament Klaus am Dienstag überstimmen, in diesem Fall allerdings nicht. Empört traten daraufhin die Vertreter der Filmindustrie auf dem Filmfestival in Cannes in einen Streik. Renate Zöller berichtet.
"Wenn man zum Beispiel auch Filme auf die großen Festivals bringen will, in die Wettbewerbssektionen etwa von Cannes und Berlin, dann muss man viel kontinuierlicher produzieren. Man kann nicht alle paar Jahre mal einen guten Film per Glücksfall nach San Sebastian bringen. Man muss Kontinuität bewahren, um ein Image des tschechischen Films aufzubauen und die großen Festivals auf diese Kinematographie aufmerksam zu machen. Der tschechische Film lebt immer noch von dieser Neuen Welle in den sechziger Jahren, die natürlich längst passe ist. Mittlerweile gibt es eine junge Generation, die tolle Filme macht, aber diese Leute können nur alle paar Jahre einen Film machen."
Sie haben schlicht nicht genug Geld, ihre Ideen zu produzieren. Selbst anerkannte Filmemacher wie Alice Nellis können an dieser Hürde scheitern. Ihr letztes Drehbuch hatte bereits Auszeichnungen bekommen, sie hatte schon ein Team von Schauspielern zusammengestellt und sie hatte sogar schon einen ausländischen Partner. Aber das Geld, welches der Fonds zur Verfügung gestellt hatte, reichte nicht aus. Und als dann das tschechische Fernsehen ein anderes Projekt zur Förderung ausgewählt hat, konnte sie schließlich dennoch den Film nicht drehen. Ein Problem sieht Jana Cernik darin, dass die tschechischen Politiker noch nicht erkannt haben, dass auch für den Staat die Filmindustrie wirtschaftlich interessant sein könnte. Die Deutschen machen es vor. Jana Cernik sagt:
"Da gibt es quasi eine regionale Förderung. Wenn man dort Geld beantragt, dann gibt es dort einen schlauen Trick. Sie fordern, dass man einen Teil des Geldes in diesem Bundesland auch wieder ausgibt. Das heißt, es fließt wieder zurück in diese ganzen, wie man so schön sagt, Facilities: Die Menschen, die aus dem Filmbereich bekommen dadurch Arbeit, die Postproduktionsstudios werden genutzt etc. Man bekommt also das Geld aber man muss auch die Möglichkeiten vor Ort nutzen. Und auf diese Weise fließt das Geld wieder zurück in das Bundesland, was natürlich eine sehr kluge Regelung ist."
Solange die Regierung allerdings die Filmemacher nur als lästige Schnorrer empfindet, die mit möglichst geringen Fördersummen abgespeist werden müssen, solange wird der tschechische Film auch nicht wieder zu seinem früheren Ruhm zurückfinden können. Dabei ist das Potential da, glaubt jedenfalls Jana Cernik:
"Es ist ein bisschen so, als ob ein Koch ein sechsgängiges Menü kochen soll und ihm die Hände gebunden sind. Er sieht die ganzen Zutaten vor sich liegen, aber er kann nicht loslegen. Denn die Kreativität ist da in Tschechien, es gibt gut ausgebildete Leute, es gibt Studios. Alles ist da - bis auf die finanziellen Mittel."