Tschechische Regisseurin gewinnt Nachwuchs-Preis in Cannes

'Bába'

15 Jahre lang kamen tschechische Regisseure mit leeren Händen vom Filmfestival in Cannes zurück – falls überhaupt einer von ihnen eine Einladung in die Stadt an der Cote d´Azur erhalten hatte. Doch nun hat eine Filmschülerin der Prager Famu den Hauptpreis im Nachwuchswettbewerb gewonnen: Zuzana Špidlová wurde für ihren Kurzfilm „Bába“ ausgezeichnet.

Zuzana Špidlová  (Foto: ČTK)
Brad Pitt, Lars von Trier, Pénélope Cruz – diese und andere Stars waren dieses Jahr beim Filmfestival in Cannes zu sehen. Doch nicht nur altgediente Stars bewegen sich auf dem Festivalparkett. Seit 1998 gibt es an der Cote d´Azur auch die „CinéFondation“, einen Nachwuchswettbewerb für Filmschüler. Er gilt als kleine Leiter, um den Sternen des großen Films näher zu kommen. Den größten Schritt in Cannes hat nun eine Studentin der Prager Filmhochschule Famu gemacht. Die 31-jährige Zuzana Špidlová gewann den ersten Preis:

„Das war wirklich eine Überraschung oder sogar eher ein Schock als eine Überraschung.“

„Bába“ – alte Frau - heißt der Kurzfilm, mit dem Špidlová die Jury in Cannes überzeugt hat. In rund 20 Minuten erzählt sie die Geschichte eines 17-jährigen Mädchens, das seine schwer kranke Großmutter pflegen muss. Unter der Belastung entwickelt die Jugendliche immer mehr Gefühle der Abneigung gegen die alte Frau. Was die Jurymitglieder an dem Film begeistert hat, hat Zuzana Špidlová bei der Preisverleihung erfahren:

„Mir wurde gesagt, dass es eine starke Geschichte sei, dass die Rollen gut gespielt sind. Und der Jury hat gefallen, dass es ein universelles Thema ist und alle betrifft.“

Schon die Teilnahme des Films „Bába“ an der CinéFondation in Cannes ist ein kleiner Meilenstein für den tschechischen Film. Bisher hatten nur Trickfilme den Weg in den Nachwuchswettbewerb geschafft. Nun war es erstmals ein Film mit echten Schauspielern. Vor zwei Jahren schon hatte CinéFondation-Leiter Laurent Jacob in einem Interview für Radio Prag beklagt, dass tschechische Kinoproduktionen zwar gute Unterhaltung bieten, aber der künstlerische Aspekt vernachlässigt würde:

„Ich glaube, daran leidet das tschechische Kino. Es produziert sehenswerte Filme, die gut in Tschechien selbst laufen und die sich auch gut im Ausland verkaufen. Man denke nur daran, dass Svěrák einen Oskar gewonnen hat (für Kolja, Anm. d. Red.). Aber es fehlt der schärfere Ton und die Vorstellungskraft eines Forman, Passer oder einer Chytilová.“

Laurent Jacob hat nun in dieser Hinsicht ein großes Lob an Zuzana Špidlová ausgesprochen: Er verglich die junge Regisseurin mit Forman.

„Das schmeichelt mir sehr, denn die Filme von Miloš Forman habe ich sehr gerne. Ich mag vor allem die frühen Filme von ihm, die zur tschechischen Nouvelle vague gehören. Ich arbeite auch mit Laienschauspielern, was Forman gemacht hat und immer noch macht. Deswegen fühle ich mich geschmeichelt.“

Mit dem CinéFondation-Preis steht für Zuzana Špidlová auch die Tür zum großen Kino ein Stück weiter offen. Denn Teil des Preises ist das Versprechen, dass ihr erster abendfüllender Film gerade beim traditionsreichen Filmfestival in Cannes vorgestellt wird.

Autor: Till Janzer
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