Größter Gewerkschaftsverband unter neu-alter Führung
Der größte Gewerkschaftsverband Tschechiens, die Böhmisch-mährische Gewerkschaftskonföderation (CMKOS), hat am Samstag seinen bisherigen Vorsitzenden Milan Stech im Amt bestätigt. Welche Pläne er mit den tschechischen Gewerkschaften für die kommenden vier Jahre hat, dazu jetzt ein Bericht von Silja Schultheis.
"Wir wollen in unserem Programm bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben schaffen und unsere Arbeitnehmer künftig mehr auch als Privatmenschen sehen - als Rentner, Eltern und als Verbraucher."
Konkret will sich die Böhmisch-mährische Gewerkschaftskonföderation in den kommenden vier Jahren für einen Anstieg der Durchschnittslöhne - von 665 Euro (2005) auf 945 Euro im Jahr 2010 einsetzen, weiter für gleiche Lohnbedingungen bei Männern und Frauen, bessere Fortbildungsmöglichkeiten sowie einen Schutz des tschechischen Arbeitsmarktes vor neuen EU-Mitgliedern wie Bulgarien und Rumänien, sprich: für Übergangsfristen. Eine Erhöhung des Rentenalters und einen Einheitssteuersatz, wie ihn die benachbarte Slowakei eingeführt hat, lehnt die Dachorganisation hingegen ab.
Da sich die genannten Ziele nicht ohne eine entsprechende politische Führung durchsetzen lassen, rief die Gewerkschaftszentrale am Wochenende ihre Mitglieder auf, am 2. und 3. Juni, wenn in Tschechien ein neues Abgeordnetenhaus gewählt wird, zu den Urnen zu gehen. Kritiker hingegen werfen dem größten Gewerkschaftsverband des Landes eine zu starke Politisierung und namentlich seine Nähe zu den regierenden Sozialdemokraten vor. Verkörpert werde sie eben durch Milan Stech, der als Senator die Sozialdemokratische Partei in der oberen Parlamentskammer vertritt. Jaroslav Míl, Präsident des Gewerkschaftsverbandes für Industrie und Verkehr:
"Diese Verbindung des größten Gewerkschaftsverbandes mit einer der Regierungsparteien ist enorm und hat sich in den vergangenen vier Jahren leider noch beträchtlich verstärkt. Das konnten wir nicht nur bei Demonstrationen sehen, sondern auch bei der Vorbereitung von Gesetzen, wo jegliche Meinung der anderen Seite abgelehnt wurde."
Stech hält dem entgegen, dass er sich lieber offen zu seiner sozialdemokratischen Orientierung erkennt als diese im Verborgenen herumzutragen und dass er im Zweifelsfall immer seine Gewerkschaftsfunktion vor die Parteizugehörigkeit stellen würde.