Gewerkschafter unzufrieden mit Reformkurs der Regierung - Aufruf zur Demo

Milan Stech (Foto: CTK)

Die Gewerkschaften in Tschechien haben ein weiteres Mal zu einer Großdemonstration aufgerufen. Im Vorjahr sind ihrem Aufruf 40.000 Menschen gefolgt, um das neue Arbeitsgesetzbuch zu unterstützen. Diesmal wird man gegen die geplanten Reformen der Regierung protestieren. Und zwar am 23. Juni in Prag, sagte der Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes CMKOS, Milan Stech, am Samstag nach einer landesweiten Gewerkschaftskonferenz in der Moldaumetropole.

Jaroslav Zavadil  (Foto: CTK)
Die von der Regierung geplanten Reformen des Steuersystems und des Gesundheitswesens entlasten gut Verdienende und belasten mittlere Einkommensschichten sowie Niedrigverdiener. Zu dieser Einschätzung kamen die rund 1700 Gewerkschaftsvertreter, die am Samstag in Prag tagten. Des Weiteren zeigten sie sich ungehalten darüber, dass die Regierung bisher nicht mit ihnen über den Reformentwurf verhandelt habe. Das Kabinett würde ihn vielmehr so schnell als möglich im Parlament verabschieden lassen, monierte der stellvertretende Gewerkschaftschef Jaroslav Zavadil:

Finanzminister Miroslav Kalousek  (Foto: CTK)
"Die Zeit, in der man über eine solch wichtige Reform entscheiden will, ist so kurz, das schreit zum Himmel. Eine solche Reform in einer beschleunigten Lesung im Parlament behandeln zu wollen, das kann sich nur jemand ausdenken, der kein Urteilsvermögen hat."

Diese Meinung wird von Finanzminister Miroslav Kalousek nicht geteilt. Die Regierung habe das Szenarium der Reformen sehr wohl mit den Gewerkschaften debattiert, und zwar im Rahmen eines gemeinsamen Treffens mit ihnen und dem zweiten Sozialpartner, dem Arbeitgeberverband. Die Demonstration sei in der Demokratie ein verbrieftes Recht, nur schade, dass man noch keine gegen das riesige Haushaltsdefizit geführt hätte, merkte Kalousek ironisch an. Denn schließlich könne man nicht ewig mit den Milliardenschulden leben, so der Minister.

Milan Stech betonte, dass sich die Gewerkschaften nicht gegen Reformen sperren, sie müssten halt nur anders ausgerichtet werden:

Milan Stech  (Foto: CTK)
"Wir lehnen die Reformen nicht ab, aber wir haben aufgezeigt, wie wir uns die Reformen vorstellen. Wir wollen, dass die Steuern nicht so drastisch gekürzt werden. Zudem sollten ständig Überprüfungen der öffentlichen Finanzen vorgenommen werden. Über alle Schritte der Reform sollte eine öffentliche Diskussion geführt werden. Erst dann, wenn die Republik wirtschaftlich gut vorankommt, sollten die Steuern gesenkt werden. Allerdings für alle Schichten und nicht nur für jene, die ein hohes Einkommen haben."

Einer Analyse des Gewerkschaftsverbandes zufolge sei das Ziel des vorliegenden Reformentwurfs nicht die Sanierung der öffentlichen Finanzen, sondern lediglich die schnelle Senkung der Steuern. Damit würden dem Haushalt im Jahr 2010 bis zu 140 Milliarden Kronen (ca. fünf Milliarden Euro) fehlen, hält man der Regierung vor. Man solle eher die Kontrollmechanismen zur Steuerabführung verbessern und die Rentenreform auf den Weg bringen, sagen die Gewerkschafter.