Nationalbank drückt Kronen-Kurs – und stößt auf scharfe Kritik

Foto: Štěpánka Budková

Es war eine Wirtschaftsmeldung, die für Aufregung gesorgt hat: Am Donnerstag vergangener Woche kündigte die tschechische Nationalbank an, durch Deviseninterventionen den Kurs der Krone nach unten zu drücken. Noch am selben Tag wurden die Währungshüter tätig, und der Kronenkurs sank um etwa fünf Prozent. Seitdem schwappt eine Welle der Kritik über die Nationalbank.

Foto: Štěpánka Budková,  Radio Prague International
Am Donnerstagvormittag hatte der Kurs der tschechischen Krone zum Euro noch bei 25,80 gelegen. Dann trat der Expertenrat der Nationalbank zusammen – und entschied, erstmals seit 2002 wieder auf den Devisenmärkten zu intervenieren.

„Wir sind in der Lage, praktisch unbeschränkt gegen den Kronenkurs zu intervenieren. Das heißt, wir werden in solch einem Umfang und so lange intervenieren, bis wir das von uns gesteckte Währungsziel von 27 Kronen je Euro und damit auch unser Inflationsziel erreicht haben“, so Miroslav Singer, Gouverneur der Nationalbank.

Entwicklung des Wechselkurses des Euros gegenüber der tschechischen Krone am 7. November  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Wenig später notierten die Börsen fast 27 Kronen je Euro. Allein die Ankündigung hatte die tschechische Währung geschwächt, aber die Nationalbank half auch noch nach und kaufte von ihren Kronen-Reserven ausländische Währungen. Für die Verbraucher bedeutet der höhere Kronenkurs jedoch nur eines: Die Preise für Importgüter steigen wieder, und das wahrscheinlich noch in der Vorweihnachtszeit. Gebrauchs-Elektronik, Computer-Technik, Handys aber auch Kraftstoffe dürften teurer werden. Doch genau um diesen Effekt gehe es der Nationalbank, sagt der Wirtschaftsanalytiker Petr Dufek von der Tschechoslowakischen Handelsbank (ČSOB):

Petr Dufek  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Ziel der Kursschwächung ist, Importgüter zu verteuern und dadurch inflationäre Tendenzen hervorzurufen. Derzeit liegt die Inflation bei etwa einem Prozent. Die Nationalbank will aber zwei Prozent erreichen.“

Laut den Währungshütern droht nämlich in Tschechien eine Deflation. Der stellvertretende Nationalbankgouverneur Vladimír Tomšík erläutert:

„Eine Deflation ist ein länger anhaltender Verfall des Preisniveaus. Und dieser Verfall hat fatale Folgen für die Realwirtschaft, er führt zum Rückgang des Bruttoinlandsproduktes und der Beschäftigung. Die Nationalbank ist davon überzeugt, dass es besser ist, präventiv einzugreifen. Wir sollten nicht warten, bis die Deflation in Tschechien angekommen ist.“

Vojtěch Benda  (Foto: ČT24)
Doch Wirtschaftsfachleute sehen diese Gefahr nicht. Denn seit ein paar Monaten wächst die tschechische Wirtschaft wieder.

„Worüber wir hier diskutieren, ist ein Rückgang in der Dynamik der Preisentwicklung, weil bestimmte Güter billiger werden. So sinken die Strom- und Gaspreise. Dies kann auch noch im ersten Quartal 2014 andauern, aber ich halte das nicht für eine Deflation im eigentlichen Sinn des Wortes“, so Vojtěch Benda, Analytiker der Investmentgesellschaft BH Securities.

Milan Štěch  (Foto: ČTK)
Die meisten Wirtschaftsanalytiker verstehen daher die Entscheidung der Nationalbank auch nicht. Führende Politiker sind sogar entsetzt. Gerade die linksgerichteten Parteien wollten eigentlich den Konsum in Tschechien beleben. Der sozialdemokratische Senatsvorsitzende Milan Štěch genauso wie der Gewerkschaftsdachverband ČMKOS befürchten, dass die Haushalte mit kleinen oder mittleren Einkommen nach der Sparpolitik der früheren Regierung Nečas nun erneut belastet würden.

Auch Staatspräsident Miloš Zeman meldete sich zu Wort. Gegenüber Radio Impuls bezeichnete er am Montag die Ausgaben der Nationalbank für ausländische Währungsreserven als „rausgeworfenes Geld“:

Miloš Zeman  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Ich erkenne vollkommen an, dass die Interventionen kurzfristig unseren Exportfirmen helfen können. Doch die Frage ist: für wie lange?“

Die Nationalbank hat durchscheinen lassen, dass sie bis ins Jahr 2015 hinein ihre Währungspolitik weiterverfolgen wolle.

Autor: Till Janzer
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