Geschichte der böhmischen Porzellanproduktion im Schloss Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger

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Die zweitälteste Porzellanmanufaktur Böhmens wurde in Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger gegründet. In der vergangenen Ausgabe des "Reiselands Tschechien" haben wir das dortige Schloss besucht und versprochen, Ihnen auch die dortige berühmte Porzellanausstellung zu präsentieren. Nach Klasterec nad Ohri lädt Sie Martina Schneibergova ein.

Irena Havrankova,  Hana Reznickova und Katerina Hähnova  (Foto: Autorin)
Das Schloss Klasterec nad Ohri / Klösterle an der Eger ging nach dem Zweiten Weltkrieg in den Staatsbesitz über. Nachdem die Renaissanceinterieurs Anfang der fünfziger Jahre renoviert worden waren, beschloss man, im Schloss eine Ausstellung des böhmischen Porzellans zu installieren. Die Exponate, die man bis heute im Schloss bewundern kann, stammen aus den Sammlungen des Prager Kunstgewerbemuseums. Der Großteil der Ausstellung dokumentiert die Geschichte der Porzellanproduktion in Böhmen. Durch die insgesamt 21 Schlosssäle führt uns Irena Havrankova:

"Die Ausstellung, die hier im ersten Stock des Schlosses zu sehen ist, konzentriert sich auf die böhmische Porzellanproduktion. Die erste Porzellanmanufaktur wurde 1789 in Rabensgrün / Haje bei Schlaggenwald / Horni Slavkov gegründet, aber schon nach drei Jahren wurde sie aufgelöst. Aus ihrer Produktion ist nichts Nachweisbares erhalten geblieben. Aus dem Grund sagen wir, dass die älteste Porzellanmanufaktur in Schlaggenwald 1792 gegründet wurde. Zwei Jahre später entstand die Porzellanmanufaktur hier in Klasterec nad Ohri, und 1803 sind zwei weitere Manufakturen hinzugekommen - in Giesshübel / Struzna und Pirkenhammer / Brezova. Die ersten Erzeugnisse aus Schlaggenwald kann man hier sehen - der große Buchstabe 'S' steht für Schlaggenwald. Außerdem sind hier auch Produkte der beiden weiteren Manufakturen ausgestellt. Die ersten Erzeugnisse waren nicht besonders gut. Das Porzellan war manchmal gelblich und hatte verschiedene kleine Fehler. Die ersten Tassen wurden mit zwei Farben bemalt: Mit Kobaltblau und mit Purpurrosa.

Salla Terrena  (Foto: Autorin)
Aus dem Fenster des Schlosses sieht man zwei Gebäude: Die Salla Terrena wurde von Michael Oswald Thun gegründet. Die Statuen sind ein Werk von Johann Brokoff. Im Sommer finden dort verschiedene Kulturveranstaltungen statt. Hinter der Salla Terrena kann man die Dreifaltigkeitskirche sehen, die nach dem Entwurf des italienischen Architekten Carlo Lurago erbaut wurde. In der Pfarrkirche befindet sich die Gruft der Familie Thun. Das Schloss war im Besitz der Adeligenfamilie Thun-Hohenstein von 1623 bis 1945.

Die zweitälteste Porzellanmanufaktur in Böhmen ist die hiesige Manufaktur, dessen Zeichen ein ´K´ ist. Die Qualität der Erzeugnisse aus den vier Manufakturen (Giesshübel, Pirkenhammer, Schlaggenwald und Klasterec), die hier ausgestellt sind, ist schon höher. Das Porzellan ist viel farbiger als vorher. Zu sehen sind hier die ersten Trinkbecher für das Mineralwasser, die mit Bildern von Karlsbad verziert sind.

Für den Empire-Stil sind die Tiermotive typisch. Dies kann man an den Möbeln sehen. Das Sofa ist beispielsweise mit Adlerköpfen verziert und hat Löwenfüße. Diese stellten oft Vorlage für das Porzellan dar. Einige Tassen aus Schlaggenwald, die hier ausgestellt sind, haben eben ähnliche kleine Löwenfüße. Aus Klasterec stammt eine Tasse, die mit einem Bild unseres Schlosses geschmückt ist. Auf dem Bild sieht man das Schloss noch vor dem Brand, zu dem es 1856 kam.

Im weiteren Teil der Ausstellung sind Exponate aus der Zeit des Biedermeiers - bis 1835 - ausgestellt. In der Zeit wurden drei neue Manufakturen in Dallwitz / Dalvice, Chodau / Chodov und Elbogen / Loket gegründet. Die wichtigste Manufaktur war jedoch die von Brezova / Pirkenhammer. Sie hatte europäische Stile nachgemacht. Hier gibt es Beispiele vom Wiener, vom Meißner sowie vom Berliner Stil.

Die Zeitepoche von 1835 - 1860 wird als das zweite Rokoko bezeichnet. Das Porzellan aus dieser Zeit hat sehr viel Dekor. Die Tassen wurden manchmal auch auf der inneren Seite bemalt. Das Porzellan war außerdem sehr plastisch, es wurde oft mit Blumenmotiven geschmückt. Ein typisches Produkt aus dieser Zeit ist die Seerose, die sehr plastisch ist, viel Dekor hat und ein Blumenmotiv darstellt. Zu sehen sind hier auch Aquarelle, die Vorlagen für das Porzellan waren.

In den Jahren 1831-32 wurden zwei weitere Porzellanmanufakturen gegründet - in Zdanov und Budov / Buda. Sie haben 48 Jahre lang produziert. Die ältesten Erzeugnisse, die hier ausgestellt sind, wurden noch mit Kobalt geschmückt. Zu sehen ist aber auch ein sehr modernes Porzellan mit afrikanischen Motiven.

In Böhmen war das chinesische Porzellan sehr beliebt, aber es war sehr teuer. Aus dem Grund haben einige Manufakturen chinesische und japanische Motive kopiert. Eine davon war die Manufaktur in Loket, die 1815 gegründet wurde. Zu sehen sind hier Vasen mit chinesischen Motiven. Es war damals alles noch Handarbeit - man sieht, dass eine der Vasen schief ist. In Loket wurden auch Porzellanfiguren hergestellt - wie beispielsweise die ausgestellte Allegorie der vier Jahreszeiten oder die Figur eines Mannes, der gerade rasiert wird."

Die Führung durch die Porzellanausstelung in Klasterec nad Ohri werden wir in der nächsten Ausgabe des "Reiselands Tschechien" fortsetzen.

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