Vor 67 Jahren verschwand die Tschechoslowakei von der Landkarte Europas
Vor genau 67 Jahren, am 15. März 1939, verschwand mit der Tschechoslowakei die letzte Demokratie Mitteleuropas. Hitlers Truppen marschierten in Prag ein, begleitet vom medialen Trommelfeuer der Reichspropaganda.
"Hier ist der volksdeutsche Sender Prag 2 - das Mikrophon auf der Galerie des Museums am Wenzelsplatz. Der historische Augenblick hat seine Erfüllung gefunden. 15. März 1939, 10.40 Uhr: Die Truppen Adolf Hitlers sind auf dem Wenzelsplatz im Herzen der Stadt angelangt!"
Über den Jahrestag der Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren haben wir uns mit Martina Lustigova unterhalten, einer Historikerin und Kollegin aus der Tschechischen Redaktion von Radio Prag:
Martina, ist das "Protektorat Böhmen und Mähren" bzw. die Zerschlagung der so genannten Resttschechoslowakei, die nach dem Münchner Abkommen entstanden war, hierzulande noch lebendig? Wird darüber diskutiert?
"Ja, in der Tschechischen Republik ist das Thema 'Protektorat' noch immer lebendig. Für Historiker ist es ein großes Thema. Wir haben viele Bücher über Kollaboration und vor allem auch über den tschechischen Widerstand. Aber es gibt keine neuere große Monographie über diese Zeit."
Warum nicht? Woran könnte das liegen?
"Meiner Meinung nach haben die Tschechen immer noch Probleme mit dieser Epoche. Ja, hier gab es zwar einen starken Widerstand. Aber wir müssen eben sagen, dass es auch Kollaboration gab. Und darüber wollen die Tschechen oft nicht so gerne sprechen."
Ich habe eingangs bereits das Münchner Abkommen vom Herbst 1938 erwähnt. Damals wurden die so genannten Sudetengebiete an Hitlerdeutschland abgetreten - mit Zustimmung von Italien, Frankreich und England. Ist das etwas, was in der tschechischen Diskussion aus heutiger Sicht vielleicht sogar interessanter ist, als das Ende der Tschechoslowakei ein halbes Jahr später?
"Über das Münchner Abkommen wird sicher mehr gesprochen. Denn da spielten sowohl die Großmächte eine Rolle, als auch das Verhalten der Tschechen selbst. Und letztlich die Frage, ob man sich hätte verteidigen sollen."
Und hätte man sich verteidigen sollen? Was sagen die Historiker heute zu dieser Frage?
"Alle Historiker sind sich einig, dass die Tschechen sich nicht lange hätten verteidigen können. Manche sagen eine Woche, manche sagen drei Wochen. Aber dauerhaften Widerstand hätten die Tschechen nicht leisten können."