Arzneimittel-Händler stoppen Lieferungen an verschuldete Kliniken
Die Konflikte im tschechischen Gesundheitswesen erreichen ein neues Niveau: Der marktbeherrschende Verband der Arzneimittel-Großhändler AVEL hat seine Drohung wahr gemacht und die Lieferungen an die drei am höchsten verschuldeten Krankenhäuser eingestellt. Gesundheitsminister Rath kündigte harte Schritte an. Es berichtet Thomas Kirschner
Mit insgesamt 2,5 Milliarden Kronen, rund 83 Millionen Euro, stehen die tschechischen Krankenhäuser bei den Medikamentenhändlern in der Schuld - 400 Millionen davon entfallen allein auf das Thomayer-Krankenhaus und die Klinik Na Bulovce in Prag sowie das Sankt-Annen-Spital in Brünn. In der vergangenen Woche hat der Arzneimittel-Großhandelsverband das Gesundheitsministerium ultimativ aufgefordert, die Schulden der drei staatlichen Kliniken zu begleichen und zugleich mit der Einstellung der Medikamentenlieferungen gedroht. Diese Drohung machen die Großhändler nun wahr, bestätigt Verbandschef Pavel Suchy:
"Auf unsere Aufforderung haben wir keine Antwort bekommen - im Gegenteil: das sei eine unverschämte Erpressung, hat es geheißen. Ab Mittwoch werden daher diese drei Krankenhäuser von unseren Distribuenten, die zusammen einen 95-prozentigen Marktanteil haben, keine Medikamente mehr bekommen. Außerdem fordern wir die Schulden ab sofort nicht mehr nur in nomineller Höhe zurück, sondern mit allem, was noch dranhängt. Durch die Vertragsstrafe wird es also für den Staat noch teurer."
Hintergrund der Auseinandersetzung bildet die Kürzung der gesetzlichen Handelsmargen für Medikamente, die Gesundheitsminister Rath zu Jahresbeginn verfügt hatte und die auf den scharfen Widerstand von Apothekern und Großhändlern gestoßen ist. Verbandschef Suchy bietet daher noch einen anderen Ausweg aus dem Streit an: Wenn die Handelsmargen wieder auf das Vorjahresniveau angehoben würde, dann könnten die Lieferungen wieder aufgenommen werden. Gesundheitsminister Rath lehnte das kategorisch ab. Er lasse sich nicht mit Gangster-Methoden erpressen, sagte Rath und kündigte gegen den Großhandelsverband eine Klage wegen Gefährdung der Allgemeinheit sowie eine Beschwerde beim Amt für Wettbewerbsschutz an. Ministeriumssprecherin Jana Kocova gab bekannt, dass für die betroffenen Kliniken bereits an einer Ersatzlösung gearbeitet werde."Das Gesundheitsministerium steht bereits mit anderen Lieferanten in engen Verhandlungen. Wir tun alles dafür, dass die Patienten nicht gefährdet werden und die Medikamentenversorgung für die Krankenhäuser sichergestellt bleibt."
Aus den Krankenhäusern hieß es, dass die Medikamentenvorräte für zwei bis drei Wochen reichen. Ein kleinerer tschechischer Arzneimitteldistribuent hat inzwischen bestätigt, dass er kurzfristig die Belieferung der drei Kliniken absichern könne.