Englisch etabliert sich als Hauptfremdsprache in Tschechien
Für mehrere Generationen der Tschechen galt Russisch ab der 4. Klasse der Grundschule als Pflichtfach. So war es auch an allen Schultypen der mittleren Schulstufe und nicht zuletzt auch mindestens zwei Semester lang an den Hochschulen. Dem hat das Wendejahr 1989 ein Ende gesetzt. Jetzt, 16 Jahre später, soll in den Schulen sozusagen endgültig und flächendeckend auf Englisch umgeschwenkt werden. Mehr dazu erfahren Sie von Jitka Mladkova:
Der Beruf als Herzenssache, das möchten wohl alle, demnach aber kommt auch der finanziellen Seite große Bedeutung zu. Und gerade hier hapert es. Frau Chvalovska:
"Pädagogische und philosophische Fakultäten produzieren eine ausreichende Zahl qualifizierter Fremdsprachenlehrer. Da aber der Lehrerberuf in Tschechien nicht so lukrativ ist wie z.B. die Arbeit in verschiedenen Firmen, drängen die Absolventen nicht gerade ins Lehramt. Viele wollen natürlich besser verdienen und gehen dann woandershin als in die Schule, wo die Arbeit sehr anspruchsvoll ist. Das ist allgemein bekannt."
Die Grundschulen stehen offensichtlich vor einer Herausforderung. Einerseits ist da die Pflicht des Englischunterrichts, andererseits fehlt es an Finanzmitteln, um die "Mangelware", nämlich gute Englischlehrer, anzulocken. Ist das nicht ein Teufelskreis?
"In der Tat, das ist ein Teufelskreis! Eigentlich rufen alle schon seit langer Zeit nach Englisch-Unterricht und wollen diesem auch Vorrang vor anderen Sprachen geben. Leider stehen uns keine zusätzlichen Finanzmittel zur Verfügung, um qualifizierte Englisch-Lehrer mit Prämien zu honorieren."
Dass ein Englischlehrer besser als sein Kollege, z.B. ein Geschichtslehrer, bezahlt wird, kommt nicht in Frage. Für alle gelten dieselben Entlohnungsregeln. Nach dem Wendejahr, als sich hierzulande der Bedarf an Arbeitskräften mit guten Fremdsprachenkenntnissen sprunghaft erhöht hatte, verließen viele Lehrer ihre Schule, um eine besser bezahlte Arbeit anzutreten. Ein Überfluss bestand plötzlich bei Russischlehrern und -lehrerinnen. Viele haben sich einfach auf Deutsch oder Englisch "umschulen" lassen - mit allen Konsequenzen, versteht sich. Dazu noch einmal Frau Marie Chvalovska:
"Ich glaube, dass sich die Situation bereits verändert hat. Die meisten Lehrerinnen, z.B. die Russischlehrerinnen, haben sich für Fortbildung entschlossen. Sie haben an einer Hochschule eine neue Fremdsprache studiert, darunter auch Englisch, und gelten heute schon als qualifizierte Lehrkräfte. Die Situation, dass der Lehrer nur ein paar Lektionen den Schülern voraus ist, existiert, denke ich, nicht mehr."