"Machina Mundi" im Nationalmuseum für Technik
Einzigartige historische Geräte, mit denen die Himmelskörper beobachtet wurden, Originalschriften namhafter Astronomen sowie Modelle des Sonnensystems. Dass alles kann man in einer Ausstellung sehen, die am vergangnen Montag im "Prager Nationalmuseum für Technik" eröffnet wurde. Zu einem Besuch in das Museum laden Sie Martina Schneibergova und Bernd Janning im folgenden Spaziergang durch Prag ein.
Mit der Sternenkunde beschäftigen sich Menschen schon seit Jahrtausenden. Zu einer modernen Naturwissenschaft entwickelte sich die Astronomie jedoch erst ab dem 16. Jahrhundert. Begabte Wissenschaftler der Renaissance schufen die Grundlagen für die moderne Weltallforschung. Die im Prager Nationalmuseum für Technik eröffnete Ausstellung trägt den Titel "Machina Mundi" - also die Maschine der Welt - und ist ein Resultat der Zusammenarbeit von fünf europäischen Institutionen. Beteiligt sind daran sind das Kopernikus-Museum im polnischen Frombork, das Tycho Brahe-Museum auf der Insel Hven in Schweden, das Institut für Wissenschaftsgeschichte in Florenz, das Museum im englischen Woolsthorpe, dem Geburtsort von Isaac Newton und das Prager Nationalmuseum für Technik.
Es handelt sich um eine Wanderausstellung, die in Prag um passende Exponate aus den Sammlungen des Technikmuseums erweitert wurde. Zu erwähnen ist zum Beispiel eine Originalausgabe des Buches "Neue Astronomie", das Johannes Kepler 1609 in Prag schrieb. Astronomie und Wissenschaft sollen in der Ausstellung auch für den Laien erlebbar werden. Kurator Antonin Svejda dazu:
"Die Ausstellung ist nicht nur auf die Fachöffentlichkeit, sondern vor allem auf Schüler und Studenten ausgerichtet. Wir stellen in der Ausstellung die wichtigsten Impulse für die Entwicklung der modernen Astronomie vor. Ich möchte vier davon erwähnen: Präsentiert wird das heliozentrische System von Kopernikus. Er war der erste Astronom, der nicht mehr die Erde als Mittelpunkt des Weltalls, sondern die Sonne als zentrales Gestirn definierte. Einen weiteren Meilenstein stellte die Erfindung des Fernrohrs dar, denn bis zum Ende des 16. Jahrhunderts beobachteten Astronomen den Himmel ohne dieses Gerät. Einen großen Sprung für die Astronomie brachten des Weiteren Johannes Keplers Forschungen. Zuletzt möchte ich den Physiker Isaac Newton erwähnen, der an die Arbeit seiner Vorgänger anknüpfte und wichtige Bewegungs- und Gravitationsgesetze aufzeigte."Durch die Ausstellung ließ ich mich von Kurator Antonin Svejda führen. Der erste Teil der Ausstellung befasst sich mit dem geozentrischen Modell. Der Aufmerksamkeit der Besucher kann das einfach aussehende Gerät nicht entgehen:
"Es ist eine Einrichtung, mit der die Sternhöhe gemessen wurde. Das parallaktische Lineal stammt aus der Antike. Es wurde von Kopernikus sowie von Tycho Brahe benutzt. Unter der Sternhöhe versteht man den Höhenwinkel eines Gestirns über dem Horizont. Daneben sieht man das so genannte ´geozentrische Modell´, das seit der Antike bis in die Renaissance benutzt wurde. Nach diesem Modell ist die Erde Mittelpunkt des Weltalls, um die Erde herum bewegen sich alle anderen Planeten. Dieses Weltbild wird als das Ptolemaische System bezeichnet, da die geozentrische Lehre der Antike von Ptolemaios zusammengefasst wurde."
Nach Vorstellung dieses Modells, das Antonin Svejda zufolge mancherorts bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts überlebte, wird in der Ausstellung das heliozentrische Modell erläutert. Im heliozentrischen Modell ist die Sonne der Mittelpunkt des Weltalls. Die anderen Planeten bewegen sich in Kreisen um diese.
"Es ist im Grunde genommen der erste wissenschaftlich brauchbare Ansatz, obwohl sich in diesem Modell die Planeten noch in Kreisen drehen. Kopernikus konnte die Differenzen zwischen einer regelmäßigen Bewegung in Kreisen und dem, was er auf dem Himmel beobachtete, nicht richtig erklären. Seine Arbeit über die Bewegung der Himmelskörper veröffentlichte er 1543, also kurz bevor er starb. Es ist für uns Astronomen ein Glück, dass er sich überzeugen ließ und sein Schlüsselwerk publizierte."Ein weiterer großer Astronom, mit dessen Erkenntnissen sich die Ausstellung beschäftigt, ist Tycho Brahe, der ein hervorragender Beobachter war und sehr gute Geräte besaß. Doch eine Apparatur besaß er nicht. Dem Kurator zufolge war Brahe der letzte namhafte Astronom, der sich bei seinen Messungen nur auf die eigenen Augen verließ, da er noch kein Fernrohr benutzte. Antonin Svejda dazu:
"Brahe starb im Jahre 1601, das Fernrohr begann man in der Astronomie kurz danach anzuwenden. Es gelang ihm nicht, vor allem die Unregelmäßigkeiten in den Planetenumlaufbahnen zu erklären. So setzte er seine Beobachtungen in ein kurioses Modell um. Er schuf ein Kompromissansatz, der etwas zwischen dem geozentrischen und dem heliozentrischen System darstellte. Die Erde befindet sich nach Brahe im Mittelpunkt des Weltalls, sie bewegt sich gar nicht. Um die Erde drehen sich der Mond und die Sonne. Die anderen Planeten drehen sich um die Sonne. In der Zeit, in der das entdeckte heliozentrische Modell verboten war, spielte auch dieser Ansatz eine Rolle."Es gab auf dem Weg zur modernen Astronomie viele Theorien und Ansätze, die sich als Irrtümer herausstellten und in theoretischen Sackgassen endeten. Ein Astronom, der die Astronomie bedeutend nach vorne brachte, war Johannes Kepler. Mit etwa 25 Jahren veröffentlichte er sein Werk "Mysterium Cosmographicum".
"Er schuf ein geometrisches Modell und stellte sich das System so vor: Es bestand aus sechs Planeten und fünf regelmäßigen Körpern. Er entwickelte eine interessante geometrische Lösung, die sich jedoch als falsch herausstellen sollte. Kepler zeigte aber, dass er ein hervorragender Mathematiker war."
Astronom Tycho Brahe kritisierte das System scharf und lud Kepler nach Prag ein, um ihm zu assistieren. Kepler rechnete dann aus, dass sich die Planeten in Ellipsen drehen und formulierte die ersten zwei der Keplerschen Gesetze. Der Kurator dazu:"Und diese beiden Gesetze veröffentlichte er in Prag in seiner ´Neuen Astronomie´. Neben den beiden Gesetzen erfand er hier das astronomische Fernrohr, denn er benutzte nicht Galileis Fernrohr. Er konstruierte ein Fernrohr, das nach ihm benannt wurde und eigentlich bis heute benutzt wird. Kepler war als Brahes Nachfolger auf dem Hof des Kaisers Rudolf II. in Prag als kaiserlicher Mathematiker angestellt. Mit Brahe war er vorher im schriftlichen Kontakt, er korrespondierte auch mit Galileo Galilei, der in Florenz lebte."
Die vorher erwähnten Modelle sind in der Ausstellung nicht nur dazu da, um besichtigt zu werden, sondern man kann sie auch ausprobieren und dabei die eigenen Physikkenntnisse testen.
Die Ausstellung "Machina Mundi" ist im Prager Nationalmuseum für Technik bis zum 26. Februar 2006 zu sehen. Das Museum befindet sich in der Kostelni 42 in Prag 7.