Verbraucherschutz in Tschechien

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Wie es um den Verbraucherschutz in Tschechien bestellt ist, das erfahren Sie nun von Robert Schuster in einer neuen Folge unserer Sendereihe Schauplatz.

Zu den oft zitierten Grundsätzen einer freien Wirtschaftsordnung gehört, dass der Kunde, bzw. der Verbraucher, König ist. Das setzt jedoch voraus, dass die Verbraucher über ausreichende Informationen über die angebotene Ware verfügen und von den Verkäufern nicht hinters Licht geführt werden. Dennoch kommt es wohl überall von Zeit zu Zeit zu Fällen, wo die Verbraucher um ihre Rechte betrogen werden. So auch in Tschechien, wo die Medien in den vergangenen Wochen immer wieder darüber berichteten, wie in einigen Supermärkten Waren, deren Haltbarkeitsfrist bereits abgelaufen war, ganz einfach mit neuen Etiketten versehen wurden, oder verdorbenes Fleisch sogar gefärbt und dann als frische Ware wieder in die Regale gestellt und den Kunden angeboten wurde.

Die erwähnten Fälle riefen zwar ein breites Echo in den Medien hervor, dennoch lässt sich vermuten, dass es sich um keine Einzelfälle handelt, sondern vielleicht nur um die Spitze eines unsichtbaren Eisbergs.

Diese Einschätzung teilt auch Karel Pavlik von der tschechischen Verbraucherschutzzentrale, wenn er im Folgenden gegenüber Radio Prag ausführt:

"Ja, leider handelt es sich wirklich nicht nur um Probleme der letzten Wochen, sondern es gibt sie schon seit langem. Es stimmt, dass die Medien in letzter Zeit beim Thema Verbraucherschutz sensibler geworden sind. Das hat vielleicht einen sehr einfachen Grund, und zwar den, Verbraucherfragen einen großen Stellenwert haben und für jeden Bürger von Interesse sind. Die Medien sind natürlich immer auf der Suche nach interessanten Themen, die sie für sich nutzen können."

Interessant an den aktuellen Fällen in Tschechien war, dass es sich stets um Filialen von großen internationalen Supermarktketten handelte. Das könnte also theoretisch die Vermutung nahe legen, dass diese ausländischen Unternehmen gerade in Ländern wie in Tschechien, wo die Interessensverbände immer noch einen etwas geringeren gesellschaftlichen Stellenwert haben, sich gegenüber den Kunden weitaus mehr erlauben können als etwa in ihren Herkunftsländern. Trifft es zu, dass es zu solchen Situationen, wo die Verbraucher in ihren Rechten eingeschränkt werden, ausschließlich bei ausländischen Unternehmen kommt, während etwa heimische Firmen nie auf diese Weise vorgehen würden? Dazu meint Karel Pavlik vom tschechischen Verbraucherschutzverband:

"In unseren Beratungsbüros haben wir bereits Fälle vernommen, wo ähnliche Probleme auch in kleinen Geschäften aufgetreten sind, die von tschechischen Unternehmern betrieben werden. Vielleicht hängt aber das geringere Medienecho damit zusammen, dass wenn es um ein kleineres Unternehmen in einer kleinen Stadt geht, das für die Zeitungen einfach weniger attraktiv ist, als wenn es um einen großen internationalen Konzern mit einem verzweigten Netz im ganzen Land gehen würde. Das ist dann natürlich etwas anderes."

Den tschechischen Verbraucherschutzverein, der großen Wert auf seine Unabhängigkeit legt, gibt es in seiner jetzigen Form seit dem Jahr 1993. So wie sich der tschechische Markt in den vergangenen zwölf Jahren verändert und strukturiert hat, änderten sich auch die Betätigungsfelder des Vereins. Vor allem in der Anfangsphase waren die Experten des Verbraucherschutzvereins insbesondere mit Fällen konfrontiert, in denen von Seiten der Verkäufer oder Hersteller gegen die Garantiebestimmungen verstoßen wurde, falls zum Beispiel ein Produkt bereits kurz nach dem Erwerb Mängel aufwies.

Mittlerweile sind auch weitere Bereiche hinzugekommen, die in den frühen 90er Jahren noch nicht so stark im Vordergrund standen, wie zum Beispiel Finanzdienstleistungen, E-commerce, oder die Telekommunikation. Zu jenen Themen, derer sich der tschechische Verbraucherschutzverein annimmt, gehört aber genauso auch der Schutz vor gesellschaftlich bedingten Monopolen, oder Fragen einer gesunden Umwelt.

Wie lässt sich der heutige tschechische Verbraucher im Jahr 16 nach der Wende und somit auch nach der Einführung der freien Marktwirtschaft charakterisieren? Sind die Verbraucher hierzulande heute selbstbewusster, bestehen sie auf ihren Rechten, oder ist die Mehrheit nach wie vor eher passiv und neigt dazu, sich so manches gefallen zu lassen? Hören Sie dazu Karel Pavlik:

"Aus unserer Sicht ist die Situation heute etwas besser als früher. Die Verbraucher sind selbstbewusster und versuchen ihre Rechte aktiver als früher zu verfolgen, obwohl es nicht immer einfach ist. Vor allem dann, wenn man mit seinem Anliegen vor Gericht gehen muss. Die diesbezüglichen Prozeduren sind sehr lang und aufwendig, vom zeitlichen, wie auch finanziellen Standpunkt aus betrachtet. Natürlich stellt aber nach wie vor ein Problem dar, dass die Verbraucher nicht immer über den vollen Umfang ihrer Rechte und der gesetzlichen Möglichkeiten informiert sind. In letzter Zeit, im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt, wurde gerade im Bereich des Verbraucherschutzes eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, die die Rechte der tschechischen Verbraucher erweitert haben. Aber diese Neuerungen sind so schnell eingetreten, dass es für die Verbraucher schwierig war, alles zu verfolgen und sie in der Praxis zu nutzen."

Herr Pavlik hat bereits die positiven Auswirkungen des EU-Beitritts erwähnt, in dem Tschechien eine Reihe von Gesetzen und europäischen Normen in das nationalem Recht aufnehmen musste, welche zur Stärkung der tschechischen Verbraucher führten. Seinen Worten zu Folge will die Europäische Kommission gerade in den neuen Mitgliedsstaaten das Thema Verbraucherschutz weiter forcieren und mittels einer Kampagne öffentlich thematisieren. Wie verläuft aber abseits der offiziellen europäischen Institutionen die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Verbraucherschutzverbänden innerhalb der Europäischen Union?

"Die Kooperation mit den Verbraucherschutzverbänden in anderen Staaten ist für uns sehr hilfreich. Wir sind Mitglieder in der europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC. Wir kooperieren aber natürlich auch bilateral mit vergleichbaren Organisationen innerhalb der Union, wie etwa mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin, oder mit vergleichbaren Verbänden in Österreich."

Ein positiver Nebeneffekt der geplanten europäischen Kampagne könnte dann sein, dass das Thema Verbraucherschutz noch stärker Anklang bei der tschechischen Öffentlichkeit finden wird. Schon jetzt können sich die tschechischen Verbraucherschützer nicht über mangelndes Interesse beklagen. Hören Sie dazu abschließend noch einmal Karel Pavlik vom tschechischen Verbraucherschutzverein:

"Ja, die Zahl der Kontakte mit den Verbrauchern nimmt jedes Jahr zu. Letztes Jahr waren es mehr als 12000 Verbraucher, die uns kontaktiert haben, und bereits jetzt ist sicher, dass in diesem Jahr die Zahl wieder übertroffen werden wird. Wir haben gegenwärtig in ganz Tschechien 19 Beratungsbüros. Die Verbraucher können uns auf verschiedene Weise kontaktieren - per Mail, Brief, oder über unsere Telefon-Hotline."

Verbraucherinformationen auf Deutsch:www.consumers.cz