Benzinpreis-Schock: Tschechen machen ernst und rüsten auf Gas um

0:00
/
0:00

Die über das Wochenende und am Montag zum Teil drastisch angestiegenen Benzinpreise waren auch am Dienstag das Hauptthema in Tschechien. Alle motorisierten Tschechen warteten dabei auf eine Reaktion des Staates, die Finanzminister Bohuslav Sobotka präsentieren sollte. Wie diese Reaktion ausfiel und wie so mancher Autofahrer hierzulande dem Preiswucher entgegen tritt, dazu mehr von Lothar Martin.

Die Explosion des Rohölpreises - mit hervorgerufen durch die verheerenden Folgen des Hurrikans Katrina - hat die Benzinpreise auch in mehreren europäischen Ländern, darunter Tschechien und seine Nachbarstaaten Deutschland, Österreich, Polen und die Slowakei, binnen kurzer Zeit nach oben schnellen lassen. Das Geschrei ist groß, besonders bei Unternehmern, die bei ihren Geschäften auf eine hohe Mobilität angewiesen sind. Und so versuchen die Länder Mitteleuropas diesem außergewöhnlichen Preisruck Herr zu werden, indem sie auf staatliche Eingriffe setzen. In Polen zum Beispiel auf die Herabsetzung der Verbrauchersteuer für Benzin, die ab dem 15. September um ca. sieben Cent pro Liter gesenkt werden soll. Eine Maßnahme, die für die Tschechische Republik derzeit nicht in Frage komme. Finanzminister Bohuslav Sobotka nennt die Gründe:

"Wenn wir die Verbrauchersteuer um zwei Kronen senken würden, dann würde der Staat in diesem Sektor einen Einnahmenverlust von 13 Milliarden Kronen haben. Und wenn es gar drei Kronen sein würden, dann betrüge der Verlust 20 Milliarden Kronen. Das würde bedeuten, dass der staatliche Verkehrsfonds über neun Prozent weniger an finanziellen Mitteln verfügen würde, die für die Wartung und Instandsetzung von Straßen eingesetzt werden."

Die tschechische Partei der Grünen unterstützt die Haltung des Ministers, da sie eine Senkung der Verbrauchersteuer für eine unsystematische und nur kurzfristige Lösung hält. Der Preisschock auf dem Öl- und Benzinmarkt sollte ihnen zufolge vielmehr zu Überlegungen führen, zukünftig mehr auf die Erzeugung und Nutzung von einheimischen erneuerbaren Treibstoffen wie Pflanzenöl, Biodiesel, Biowasserstoff oder Biogas zu setzen. Das würde neben der geringeren Abhängigkeit von Benzin und Diesel u. a. auch zu einer Verringerung der Treibhausgase sowie zu mehr Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft und der verarbeitenden Industrie führen, meinen die Öko-Aktivisten. Dass ihre Vorstellungen durchaus nicht aus der Luft gegriffen sind, belegt die hierzulande immens gestiegene Nachfrage nach einer Umrüstung des Zusatztanks an den Fahrzeugen auf einen gasförmigen Treibstoff. Jan Kyslich, der Mitarbeiter einer Firma in Hradec Kralove/Königgrätz, die solche Umrüstungen vornimmt, beschreibt den Boom, dem sich sein Handwerk nun gegenüber sieht:

Tankstelle - benzínová pumpa  (Foto: Archiv Radio Prag)
"Das Material, welches wir für den Verkauf von zwei Monaten bevorratet hatten, wurde innerhalb einer Woche verkauft. Wir warten nun auf die Lieferung von neuem Material, doch momentan weiß ich wirklich nicht, wie wir der Nachfrage hierzulande gerecht werden sollen. Wir führen bereits Wartelisten sowohl für das Material als auch für die Werkstätten, die die Umrüstungen durchführen. Für die Kunden beträgt die Wartezeit mittlerweile schon drei Wochen."

Finanzminister Sobotka wiederum versuchte, seine Landsleute zu beschwören, die Nerven zu bewahren, da sich die Situation am Benzinmarkt nach einer schrittweisen Wiederaufnahme der Rohölproduktion im Golf von Mexiko wieder beruhigen werde. Doch das könne halt noch Wochen dauern. Bis dahin wird vor allem die oppositionelle ODS versuchen, aus der jetzigen Situation politisches Kapital zu schlagen. Doch das polnische Beispiel zeigt bereits, dass die eilfertige Senkung der Verbrauchersteuer nur ein kleines Strohfeuer sein dürfte.