Auf der Suche nach dem Coronavirus: Forscher analysieren Belastung im Prager ÖPNV

Foto: ČTK / Ondřej Deml

Landläufig herrscht die Meinung vor, dass man um den öffentlichen Personennahverkehr in Corona-Zeiten eher einen Bogen machen sollte. Doch es mehren sich Studien, die zeigen, dass bei angemessenem Mundschutz die Fahrt mit Bus und Bahn ungefährlich ist. Am Mittwoch wurde in den Prager Verkehrsbetrieben mit einer entsprechenden Untersuchung begonnen.

Foto: ČTK / Ondřej Deml

Eine Straßenbahn fährt an der Endhaltestelle im Prager Stadtteil Kobilisy ein. Menschen in weißen Overalls schlüpfen schnell in die Wagen und zücken Teststäbchen. Mit dem bauschigen Teil fahren sie über die Knöpfe für den Ausstieg und am Automaten sowie über Haltestangen und Haltegriffe. Nur wenige Minuten haben die Forschungsmitarbeiter, um die Proben zu entnehmen. Aber es sind im Schnitt auch nur 13 Stellen, an denen nach dem Coronavirus gesucht wird. Danach kann die Straßenbahn wieder losfahren und weitere Menschen durch Prag transportieren.

Gemessen wird aber auch die Luft in Bus und Bahn. Dazu stellen Physiker der tschechischen Akademie der Wissenschaften einen kleinen gelben Kasten auf einem Dreibein-Ständer mitten unter die Fahrgäste.

Štěpán Koláček  (Foto: Archiv der tschechischen Akademie der Wissenschaften)

„Dieses Gerät werden wir bei Normalbetrieb nutzen. Eine halbe Stunde lang wird es jeweils herumbrummen. Es filtert etwa 80 Liter Luft pro Minute“, sagt Štěpán Koláček vom Forscherteam.

Rund einen Monat lang sollen Proben gesammelt werden. Sie werden fortlaufend an das Labor der Wissenschaftsakademie im südböhmischen České Budějovice / Budweis geschickt.

„Die Proben werden zum einen durch von uns entwickelte Bio-Sensoren geprüft. Der Vorteil ist, dass dafür keine weiteren Hilfsmittel nötig sind. Zum anderen wenden wir auch Standard-PCR-Tests an“, so Forschungsleiter Alexandr Dejneka.

Laut dem Physiker muss aber bei der Untersuchung der Infektiosität im ÖPNV ein anderer Maßstab angelegt werden als beim Test eines Menschen:

Foto: ČTK / Ondřej Deml

„Wenn beim Menschen eine Probe positiv ausfällt, bedeutet das höchstwahrscheinlich, dass er infektiös ist. Bei der Probe von einer Oberfläche muss aber noch geprüft werden, ob sich das Virus auch heranzüchten lässt. Erst wenn dies möglich ist, gilt die Probe nicht nur als positiv, sondern auch als infektiös.“

Die Testreihe initiiert haben die Prager Verkehrsbetriebe. Sie wollen die These bestätigen, dass die Fahrt mit Bus und Bahn kein Ansteckungsrisiko darstellt. Daniel Šabík ist Sprecher des Unternehmens:

Illustrationsfoto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

„Es gibt eine Reihe von Studien aus dem Ausland, die zeigen, dass der ÖPNV keine Quelle für Infektionen ist. Oder anders ausgedrückt: dass der öffentliche Nahverkehr sicher ist. Leider hat in Tschechien bisher kein renommiertes medizinisches Forschungsinstitut eine solche Untersuchung vorgenommen. Deswegen haben wir uns genau dazu entschieden.“

Šabík verweist dabei auf zwei Studien der Verkehrsbetriebe von London. Die Ergebnisse aus Prag sollen bis Ende Mai, Anfang Juni vorliegen.