Streetart am Bahnsteig: Die Prager Metro wird anlässlich ihres 50. Jubiläums zur Galerie
Am 9. Mai 1974 wurde die Prager Metro eröffnet. Die Galerie der Hauptstadt Prag (GHMP) hat anlässlich des 50. Jubiläums nun ein besonderes Projekt ins Leben gerufen: Entlang der Linie C, die einst als erste in Betrieb genommen wurde, sollen großformatige Wandgemälde die Stationen schmücken. Den Anfang machte vergangene Woche die Haltstelle Florenc.
Matěj Olmer und Michal Škapa sind die beiden renommierten Streetart-Künstler, die die beiden Wände an den Bahnsteigen der Prager Metro-Station Florenc im Rahmen des Projekts bemalen durften. Dafür wurden Gipskartonwände über der Verkleidung entlang der Gleise angebracht, 45 mal viereinhalb Meter messen sie. Das Bild, das Michal Škapa mit Sprühfarben auf die Wand gezaubert hat, heißt „Město M“ (Stadt M). Das Graffiti weist unzählige Elemente und bunte Farben auf. Im Interview für Radio Prag International erklärt der Künstler, wie ihm die Idee zu dem Motiv kam:
„Mein Mural ist von unserer Stadt inspiriert. Ich habe zuerst verschiedene Häuser und Fragmente gemalt. Dann habe ich einige Zeichen des Leitsystems in der Prager U-Bahn hinzugefügt. Ich bin nämlich direkt neben der Station Želivského aufgewachsen. Das war früher mein Tor in die Stadt, ich bin immer mit der Metro ins Zentrum gefahren. Ich habe sie also schon seit meiner Kindheit geliebt.“
Das Wandbild von Matěj Olmer direkt am Bahnsteig gegenüber erinnert mehr an ein modernes Gemälde denn an klassische Streetart. Blaue, grüne und gelbe Farbfelder und -bahnen verschwimmen zu einem großen Ganzen. Deutlich ist sichtbar, dass nicht nur Graffitidosen, sondern auch Farbroller verwendet wurden. Wie Olmer erläutert, habe ihn ein Musikstück zu seinem Kunstwerk inspiriert, nämlich der Text des Liedes „Krajina posedlá tmou“ (Von Dunkelheit besessene Landschaft) von Jiří Šlitr und Jiří Suchý:
„Ich arbeite fast immer mit Liedtexten, zumeist sind es aber meine eigenen, die ich dann in eine Malerei verwandele. Hier habe ich jedoch den Text dieses Liedes verwendet, da die Metro ja unmittelbar mit der Dunkelheit verbunden ist. In dieser dunklen, technischen Umgebung unterhalb der Stadt zeige ich den Menschen Fragmente einer Art spirituellen Natur.“
Bei der Erstellung ihrer Kunstwerke gab es für die beiden Streetart-Künstler eine besondere Herausforderung. Denn von fünf Uhr morgens bis Mitternacht brausen täglich die U-Bahn-Züge durch die Station Florenc. Die Zeit zur Erstellung der Gemälde sei deshalb sehr begrenzt gewesen, wie Škapa schildert:
„Das war nicht einfach. Wir konnten jeden Tag von 1 Uhr bis 3.20 Uhr hier sein. Somit hatten wir weniger als zweieinhalb Stunden, was nicht sehr lang ist. Ich war deshalb an sieben Tagen hier. Es war schon anstrengend, nachts zu arbeiten und tagsüber zu schlafen. Und an den letzten beiden Tagen war ich komplett alleine. Das war ein verrücktes Gefühl: Ich befand mich in dieser großen Metro-Station, mitten in der Nacht, und keiner war da.“
Die Galerie der Hauptstadt Prag plant nun, im Rahmen des Jubiläumsjahres auch in weiteren Stationen entlang der Linie C großformatige Kunstwerke zu platzieren. Konkret sollen die Wände der Haltepunkte Vyšehrad, Budějovická, Kačerov, Pražského povstání und I. P. Pavlova verschönert werden. Welche Künstler mit den Malereien beauftragt werden, wird im September feststehen. Zu sehen sein soll die Kunst im Untergrund dann noch bis zum Jahresende.
Verbunden
-
Am Anfang war die Linie C: Prager Metro feiert 50. Jubiläum
Wussten Sie, dass die Metrolinie C die erste war, die in Prag gebaut und eröffnet wurde? Am Donnerstag ist das genau 50 Jahre her.