Öko-Unfall in der Bečva: Selbst Untersuchungsausschuss kommt nicht weiter
Im September vergangen Jahres sind im mährischen Fluss Bečva wegen der Einleitung von Zyanid rund 40 Tonnen Fisch verendet. Seitdem wird nach dem Verursacher des vermeintlichen Chemieunfalls gesucht. Mittlerweile hat der Untersuchungsausschuss des tschechischen Abgeordnetenhauses zu diesem Fall seinen Abschlussbericht vorgelegt. Doch in der parlamentarischen Debatte dazu wurde am Dienstag deutlich, dass das letzte Wort dazu noch nicht gesprochen ist.
Im Juni dieses Jahres wurde bekannt, dass die tschechische Polizei wegen des Chemieunfalls im Fluss Bečva gegen eine konkrete Person sowie eine Firma ermittelt. Medienberichten zufolge sollte es sich um das Unternehmen Energoaqua aus Rožnov pod Radhoštěm / Rosenaw handeln. Schon Anfang Mai hatte das Nachrichtenportal idnes.cz geschrieben, dass ein Experte in seinem Gutachten für die Polizei gerade diese Firma als Verursacher des Chemieunfalls nenne. Am Dienstag legte das Kreisamt in Zlín nun aber ein eigens in Auftrag gegebenes Gutachten vor, in dem mit Deza noch eine zweite Firma als möglicher Verursacher des Umweltschadens genannt wird. Dieses Dokument werde man an die Tschechische Umweltinspektion (ČIŽP) weiterleiten, sagte die stellvertretende Hauptfrau des Kreises Zlín, Hana Ančincová (Piraten), und ergänzte:
„Bei beiden Unternehmen lassen sich Verfehlungen einer bestimmten Art finden. So hat beispielsweise Energoaqua einige Grenzwerte für die im Abwasser enthaltenen Schadstoffe überschritten. Bei Deza wiederum wurde festgestellt, dass die Werte für ammoniakalischen Stickstoff zu hoch waren.“
Diese Überschreitung sei sehr gering gewesen und nur aufgrund der Inbetriebnahme einer neuen Kläranlage passiert, wiegelte der Sprecher des Konzerns Agrofert, Karel Hanzelka, ab. Die Firma Deza gehört zu Agrofert, also zu jenem Agrar- und Lebensmittelkonzern, den einst der heutige Premier Andrej Babiš (Partei Ano) gegründet und kurz vor seinem Politeinstieg in zwei Treuhandfonds überführt hat.
Die Tatsache aber, dass die Firma Deza bei den polizeilichen Ermittlungen offenbar bisher keine Rolle spielt, obwohl entnommene Wasserproben unmittelbar nach dem Fischsterben auch sie unter Verdacht stellt, führte am Dienstag zu einer hitzigen Parlamentsdebatte. Aus den Reihen der Opposition häuften sich die Stimmen, die kritisierten, dass die Untersuchungen unmittelbar nach der Umweltkatastrophe chaotisch gewesen seien. So hätten die regionalen Wasserämter und die Umweltinspektion bei der Entnahme der Wasserproben nicht ausreichend miteinander kommuniziert. Petr Gazdík von der Bürgermeisterpartei Stan ist Mitglied des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Fall Bečva. Er ging in seinem Misstrauen zu den von der Umweltinspektion geführten Ermittlungen sogar soweit, dass er erklärte:
„Einige Verfehlungen könnten die Folge von Druckausübung auf die jeweiligen Behörden sein und mit verbrecherischen Absichten zusammenhängen. Und deswegen habe ich mich entschieden, dass ich als Mitglied des Untersuchungsausschusses Strafanzeige erstatte wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs von Beamten.“
Diese Einschätzung zum gegenwärtigen Stand der Ermittlungen missfiel Umweltminister Richard Brabec von der Regierungspartei Ano, die von Premier Babiš geführt wird. Ihm zufolge haben die Behörden bei der Aufklärung des Falles korrekt gearbeitet. Der Bericht des Ausschusses sei daher ein Angriff auf die Arbeit der Umweltinspektion:
„Meiner Meinung nach enthält der Bericht offenkundig und absichtlich nur jene Informationen, die den Autoren in den Kram passen. Einige Ausschussmitglieder verstehen sich als Rechtsanwälte der Beschuldigten. Denn sie denken sich online Gründe dazu aus, weshalb die Beschuldigten die Katastrophe nicht verursacht haben können, sondern jemand anders.“
Mit anderen Worten: Für Brabec kommt weiter nur das Unternehmen Energoaqua als Verursacher des Fischsterbens in Frage. Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Abgeordnetenhaus, Dana Balcarová (Piraten), will jedoch nicht hinnehmen, dass die Umweltinspektion ihrer Verantwortung in dieser Angelegenheit nicht nachgekommen ist und noch dazu von Minister Brabec in Schutz genommen wird:
„Gegenwärtig versuchen der Minister wie auch die Umweltinspektion die Lage so hinzustellen, als ob die Inspektion gar nicht die Kompetenzen habe, eine Havarie mit Wasser zu untersuchen. Doch das ist eine Lüge, denn wie aus dem Wassergesetz hervorgeht, ist die Inspektion für solche Angelegenheiten zuständig.“
Wie die Debatte vom Dienstag im Abgeordnetenhaus zeigt, ist weiter unklar, ob jemals der Schuldige in der Causa ermittelt wird.