Ursache für Zyanid-Vergiftung der Bečva nach wie vor unklar

Foto: Lenka Kratochvílová, Archiv des Tschechischen Rundfunks

Fast 40 Tonnen tote Fische mussten Mitte September aus dem Fluss Bečva entfernt werden. Sie waren einer Zyanid-Vergiftung zum Opfer gefallen, von der bis heute nicht klar ist, wer sie verursacht hat.

Foto: Lenka Kratochvílová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Die Umweltkatastrophe betraf einen etwa 50 Kilometer langen Abschnitt der Bečva / Betschwa im Osten Mährens. Das Fischsterben setzte zunächst bei Valašské Meziříčí / Wallachisch Meseritsch ein und zog sich über mehrere Tage weiter bis nach Přerov / Prerau. Miroslav Kubín von der Verwaltung des Landschaftsschutzgebietes Beskiden beschreibt den Umfang der Zerstörung:

„Der Fluss war vorher voller Fische. Das lässt sich normalerweise über mehrere Hundert Meter gegen den Strom verfolgen. Wenn wir jetzt an dieser Stelle auch nur 40 Fische auf 100 Quadratmetern Wasserfläche finden, ist das schon viel.“

Fluss Bečva  (Foto: Jakub Troníček,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Schnell wurde festgestellt, dass Zyanid der Grund für die Flussvergiftung war. Wer den Stoff aber in das Wasser geleitet hat, ist bis heute unbekannt. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Gift durch einen Kanal in den Fluss gelangt ist. Er ist 14 Kilometer lang und beginnt in einem Industriegebiet in Rožnov pod Radhoštěm / Rosenau unter dem Radhoscht. Früher war hier der tschechische Elektronikproduzent Tesla ansässig, unter dessen Namen das Gelände noch bekannt ist.

Heute sind vor Ort 14 Firmen angesiedelt. Die genaue Quelle der Vergiftung ist bisher nicht identifiziert. Einen Monat nach der Katastrophe schätzt die zuständige Staatsanwaltschaft die Wahrscheinlichkeit, den Täter zu finden, auf 20 Prozent. Umweltminister Richard Brabec (Partei Ano) hatte sich im Tschechischen Fernsehen noch Anfang Oktober optimistisch gezeigt, dass der Fall schnell aufgeklärt werde:

Richard Brabec  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)

„Auf dem Areal gibt es mehrere Firmen, die mit Zyanid arbeiten. Es sind nur Spekulationen, aber ich kann mir vorstellen, dass es aus Nachlässigkeit passiert ist, aufgrund eines technischen Fehlers oder auch einer Panne. Die Polizei muss nun ermitteln, wie eine so große Menge an Zyanid entweichen konnte. Wir schätzen, dass es mindestens einige Dutzend, wenn nicht mehrere Hundert Kilogramm waren.“

Obwohl die Ermittlungen auf das besagte Areal und die angesiedelten Firmen ausgerichtet sind, gibt es auch Vermutungen, dass das Zyanid an anderer Stelle in den Fluss gelangte. Der Toxikologe Přemysl Soldán vom Masaryk-Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft lenkt die Aufmerksamkeit auf einen Abschnitt, der von der Kanaleinmündung 3,5 Kilometer flussabwärts liegt. Nach seinen Beobachtungen setzte das Fischsterben erst auf der Höhe von Lhotka nad Bečvou / Lhota an der Betschwa ein. Dort führen wiederum Kanalrohre vom Fluss zur Chemiefirma Deza. Diese gehört zur Agrofert-Holding, die vom heutigen tschechischen Premier Andrej Babiš (Partei Ano) gegründet wurde. Die Schuld von Deza schließen aber sowohl die ermittelnden Organe als auch die Firmenleitung selbst aus.

Foto: Lenka Kratochvílová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Ob Unfall oder Absicht – es ist wahrscheinlich, dass der Verursacher der Havarie sich der Auswirkungen bewusst war. Fischer, die die toten Tiere aus dem Wasser entfernt haben, berichten von einem intensiven Chlorgeruch. Der Täter könnte demnach versucht haben, das Zyanid mit einer größeren Menge von Natriumhypochlorid zu neutralisieren.

Selbst wenn die Untersuchungen noch zum Schuldigen führen, ist die Zahlung eines Schadensersatzes unwahrscheinlich. Michal Berg sitzt für die Grünen im Stadtrat von Vsetín / Wsetin:

Michal Berg  (Foto: Archiv der Grünen,  Wikimedia Commons,  CC BY 3.0)

„Auch wenn es gelingt, den Verursacher zu finden, wird man von ihm nur schwer einen Schadensersatz einfordern können. Die Gesetzeslage weist hier nämlich einen Mangel auf. Obwohl das Umweltgesetz von 1992 für einen solchen Schaden im breiteren Ökosystem eine Geldstrafe vorsieht, existiert bis heute keine begleitende Vorgabe, wie ein entsprechender Schadensersatz errechnet werden soll.“

Bei der Festsetzung des Strafmaßes dürften die hydrobiologischen Erhebungen von Miroslav Kubín eine wichtige Rolle spielen. Er kann einen gesunden Bestand geschützter Fischarten in der Bečva vor der Vergiftung belegen.

„Wenn nachgewiesen wird, dass mehr als 25 Stück speziell geschützter Arten zu Tode gekommen sind, droht dem Verursacher eine dreijährige Freiheitsstrafe oder ein Tätigkeitsverbot.“

Miroslav Kubín  (Foto: ČT24)

Zur Regeneration des Flusses haben die starken Regenfälle der vergangenen Woche positiv beigetragen. Schon am 9. Oktober haben Fischer zudem begonnen, Jungtiere im betroffenen Flussabschnitt auszusetzen.

„Jetzt ist es wichtig, den Flussgrund und die Ufer breitgefächert zu bepflanzen. Die Fische brauchen Pflanzen und auch stehende Flussläufe als Unterschlupf“,

fordert außerdem Kubín. Der Zoologe schätzt aber, dass sich die Lebenswelt in der Bečva erst in fünf bis zehn Jahren vollständig erholen wird.

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