Team Tschechien hofft auf den Gewinn des Billie-Jean-King-Cups in Prag
Ab diesem Montag richten sich die Blicke aller Tennisfans nach Prag, denn in der Goldenen Stadt wird zum ersten Male der Billie-Jean-King-Cup im Damentennis ausgetragen. Als Gastgeber hat Tschechien gute Chancen, den Pott zu gewinnen.
Billie Jean King setzte sich für Rechte der Frauen im Tennis ein
Die größte überdachte Sportstätte in Tschechien, die Prager O2 Arena, ist von Montag bis Samstag Austragungsort für einen neuen Mannschaftswettbewerb im Damentennis. Es ist der sogenannte Billie-Jean-King-Cup, der mit dem Turnier in Prag aus der Taufe gehoben wird. Doch eigentlich ist es kein neuer Wettbewerb, sondern die modifizierte Fortsetzung des früheren Federation Cups (bis 1995) beziehungsweise Fed Cups (bis 2020). Warum dann aber die Namensänderung? Jaroslav Plašil, führender Tennisreporter des Tschechischen Rundfunks, hat dazu diese Meinung:
„Ich denke, dass die Internationale Tennis-Föderation (ITF) mit der Umbenennung eine ähnliche Aufwertung des Wettbewerbs erreichen wollte, wie es im Davis Cup der Herren der Fall ist. Er ist nach der Tennis-Legende Dwight Filley Davis benannt. Auch Billie Jean King ist eine Legende. Die Amerikanerin hat sich darum verdient gemacht, dass die Tennisdamen zumindest bei den großen Turnieren inzwischen die gleichen Rechte haben wie ihre männlichen Kollegen. Der Billie-Jean-King-Cup wird ähnlich dem Davis Cup nun auch in einem neuen Format gespielt.“
Billie Jean King ist ebenso die Gründerin der Women’s Tennis Association (WTA), also der Vereinigung der professionellen Tennisspielerinnen. Diese Organisation wurde im Juni 1973 in London gegründet und hat ihren Sitz jetzt in Saint Petersburg in Florida. Mit zwölf Grand-Slam-Titeln und 78 WTA-Turniersiegen im Einzel gehört die US-Amerikanerin zudem bis heute zu den erfolgreichsten Spielerinnen aller Zeiten. Der nach ihr benannte Teamwettbewerb unterscheidet sich sehr vom vorherigen Fed Cup.
„Der erste Jahrgang hat ein völlig neues Format. Er wird als Turnier mit zwölf Teams ausgetragen, die in vier Dreier-Gruppen spielen. Die Gruppensieger gelangen direkt ins Halbfinale. Das Turnier beginnt am Montag und endet am Samstag mit dem Finale“, erläutert Jaroslav Plašil und ergänzt:
„Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass eine Paarung schon nach zwei siegreichen Spielen entschieden ist. Im Fed Cup, der immer freitags und samstags ausgetragen wurde, musste man drei Partien gewinnen. Früher konnten also fünf Begegnungen nötig sein, um einen Sieger zu ermitteln, jetzt sind es maximal drei – zwei Einzel und ein Doppel. Ein Team-Duell kann aber ebenso schon beim Stand von 2:0 entschieden sein.“
Beim ehemaligen Fed Cup wusste hingegen der Zuschauer, dass er mindestens drei Matches zu sehen bekommt. Und der Wettbewerb bot noch andere Vorzüge:
„Im alten Modus konnten sich beispielsweise die tschechischen Spielerinnen darüber freuen, in einer Saison einige Male vor eigenem Publikum spielen zu können, wenn ihnen das Los hold war. Den Französinnen, Amerikanerinnen oder Australierinnen wiederum war das egal, denn sie sind jedes Jahr Gastgeber eines großen Grand-Slam-Turniers. Davor finden viele kleinere Turniere in ihren Ländern statt, also können sie sich ihren Zuschauern mehrfach im Jahr präsentieren. Den Vorteil haben die kleinen nationalen Tennisverbände nicht.“
Tschechiens Tennisdamen auf Platz 2 der ewigen Siegerliste im Teamwettbewerb
Den Heimvorteil aber haben gerade die tschechischen Tennisspielerinnen mehrfach dazu genutzt, um im Mannschaftswettbewerb große Triumphe zu feiern. Von 2011 bis 2018 haben sie nicht weniger als sechs Mal den Fed Cup gewonnen. Davon machten sie vier Finalsiege in der Prager O2-Arena perfekt. Und den vorherigen Federation Cup brachten sie fünf Mal mit nach Hause, denn die Endspiele dieses Wettbewerbs wurden zumeist noch auf neutralem Boden ausgetragen. Das war in den Jahren von 1975 bis 1988, als die Tschechinnen noch im Team der Tschechoslowakei antraten. Mit elf Titelgewinnen, inklusive den gemeinsamen Zeiten mit den Slowakinnen, liegt Tschechien hinter den Vereinigten Staaten, die 18 Mal triumphierten, auf Platz zwei der ewigen Siegerliste. Was aber ist das Geheimnis dieser Erfolge? Jaroslav Plašil:
„Zum einen hatte Tschechien wiederholt sehr starke Generationen an Tennisspielerinnen, die den Wettbewerb für eine gewisse Zeit beherrscht haben. Das war zunächst in den 1980er Jahren der Fall, als Hana Mandlíková, Helena Suková und Jana Novotná den Ton angaben. Der erste Sieg gelang aber bereits 1975. Damals spielte noch Martina Navrátilová für ihr Heimatland, den Pokal holte sie gemeinsam mit Renáta Tomanová. Es waren also immer mehrere Spielerinnen, die ein sehr starkes Team gebildet haben.“
Das trifft auch auf die heutige Generation der tschechischen Tennisdamen zu, die unter der Führung von Teamkapitän Petr Pála den Fed Cup gleich im halben Dutzend abräumten. Diese Erfolge hätten jedoch viele Väter, meint Plašil:
„Ich denke, sie sind auch ein Verdienst der Menschen hinter dem Damen-Team. Die Trainer, Physiotherapeuten und Zeugwarte leisten nicht nur einen sehr guten Service, sondern sorgen auch für eine gute Stimmung in der Gruppe. Deshalb freuen sich die Spielerinnen stets auf die Wettbewerbe wie den ehemaligen Fed Cup. Denn sie haben ihnen stets eine angenehme Abwechslung geboten zu den, wenn man so will, stereotypen Turnieren im WTA-Zirkus.“
Neue Generation will an einstige Erfolge anknüpfen
Der neue Billie Jean King Cup aber wird nun auch wieder in Turnierform ausgetragen. Dabei wird zunächst in vier Gruppen gespielt, in denen jeweils drei Länder aufeinandertreffen. Tschechien bekommt es in der Gruppe D mit Deutschland und der Schweiz zu tun. Jaroslav Plašil:
„Meiner Meinung nach ist dies die schwerste Gruppe. Wenn ich mir die drei Teams genau anschaue, komme ich zu der Einschätzung: Dasjenige, das Gruppensieger wird, kann dann auch den gesamten Wettbewerb gewinnen.“
Trotzdem hebt Plašil zwei Vertretungen auf den Favoritenschild:
„Am meisten überzeugt bin ich von den Tschechinnen und den Schweizerinnen. Die Stärke dieser beiden Teams war besonders bei den Olympischen Spielen in Tokio zu sehen, wo die Spielerinnen beider Nationen die Finals unter sich ausgemacht haben. Im Doppel setzte sich das tschechische Duo durch, im Einzel unterlag Markéta Vondroušová der späteren Olympiasiegerin Belinda Bencic.“
In der tschechischen Mannschaft fehlen diesmal allerdings die beiden Frauen, die mit ihren Leistungen einen maßgeblichen Anteil an den Erfolgen der zurückliegenden Dekade hatten: Petra Kvitová und Karolína Plíšková. Kvitová, die an allen sechs Fed-Cup-Siegen beteiligt war, ist in dieser Saison in keiner guten Verfassung. Die 31-Jährige hat wiederholt geklagt, dass ihr die Turniere in der Corona-Zeit psychisch zu schaffen machen, weil man sich fast ständig in eine sogenannte Blase begeben müsse und so kaum mit anderen Spielerinnen in Kontakt komme. Zudem fehlten ihr die Begegnungen vor vollbesetzten Rängen, denn vor Zuschauern spiele sie nun mal am liebsten, so Kvitová. Und Plašil fügt hinzu, dass die zweifache Wimbledonsiegerin in ihrem Alter nach den Turnieren länger regenerieren müsse als früher. Karolína Plíšková wiederum konzentriert sich voll und ganz auf die WTA Finals. Das Turnier der acht besten Einzelspielerinnen dieses Jahres findet vom 11. bis 17. November im mexikanischen Guadalajara statt. Plíšková ist auch schon 29 Jahre alt und will ihre vielleicht letzte Chance auf einen großen Einzel-Titel beim Schopfe packen.
Weil mit Barbora Strýcová und Lucie Šafářová zwei andere erfahrene Spielerinnen ihre Karriere mittlerweile beendet haben, hat Teamkapitän Petr Pála den Verjüngungsprozess in seinem Aufgebot mehr oder minder schon vollzogen. Reporter Plašil ist sich jedoch sicher, dass auch der neue Kader sehr schlagstark ist:
„Im Team sind zwar Spielerinnen, die noch über wenig Erfahrung verfügen, in der Weltrangliste aber schon weit oben stehen. Allen voran die Nummer drei der Welt, die French-Open-Siegerin Barbora Krejčíková, die folglich die Position der Top-Spielerin in der Mannschaft einnimmt. Im Fed Cup hat sie allerdings kein einziges Einzel bestritten, sondern kam gelegentlich nur im Doppel zum Einsatz. Im Einzel steht ihr Markéta Vondroušová zur Seite, die ebenfalls kaum Erfahrungen im ehemaligen Fed Cup gesammelt hat. Des Weiteren im Team sind Tereza Martincová, die eine gute Saison gespielt hat, sowie die beiden ausgezeichneten Doppelspielerinnen Kateřina Siniaková und Lucie Hradecká. Die Erfahrenste von allen ist Hradecká. Auf die Pragerin kann Pála bauen, sollte Krejčíková nach ihrem Einzel-Match vielleicht zu müde sein. Hradecká und Siniaková haben schon mehrfach im Doppel zusammengespielt. Das Team ist meiner Meinung nach ausreichend stark, auch ohne die beiden Erfolgsgaranten aus den vergangenen Jahren.“
Hinzu kommt der Heimvorteil, den die Spielerinnen von Kapitän Pála ein weiteres Mal nutzen wollen:
„Die Tschechinnen haben in der O2-Arena bisher noch kein einziges Spiel verloren. Vor eigenem Publikum spielen zu können, ist für sie also ein großer Faktor. Von daher hat Pála auch gesagt, er hoffe, dass diese Serie weiter anhalte.“
Ihr erstes Duell bestreiten die Tschechinnen am Montag ab 17 Uhr gegen Deutschland. Das zweite Gruppenspiel absolvieren sie am Donnerstag zur gleichen Zeit gegen die Schweiz.