Archäologischer Fund in Tschechien: Überreste einer Afrikanerin im mittelalterlichen Grab
Tschechische Archäologen haben einen ungewöhnlichen Fund gemacht: In Mittelböhmen entdeckten sie ein mittelalterliches Grab mit den sterblichen Überresten einer Frau. Interessant und einmalig ist dabei, dass diese aus Afrika stammte.
Der Fundort befindet sich auf dem Gelände einer mittelalterlichen Burg- und Begräbnisstätte in der Gemeinde Tetín in Mittelböhmen. Ein Zufall sorgte dort vor einem Jahr für eine ungewöhnliche Entdeckung: Zur Reparatur einer gebrochenen Wasserleitung in der Nähe der Kirche der heiligen Katharina wurden auch Archäologen hinzugerufen. Bei der Durchforschung des Erdreichs stießen sie auf einige Gräber mit sterblichen Überresten von mindestens sieben Personen. Darunter war ein Schädel einer vierzig- bis fünfzigjährigen Frau. Der Anthropologe Pavel Kubálek vom Institut für archäologische Denkmalpflege Mittelböhmens beschreibt ihn:
„Die Nase war wahrscheinlich breit und flach. Außerdem ist aus der Profilansicht ersichtlich, dass das Zahnbett hervorsteht. Diese beiden Besonderheiten sind typische Merkmale eines Menschen aus Afrika.“
Der Anthropologe kann am Schädel aber auch weitere Informationen ablesen:
„Anhand der geschlechtsspezifischen Merkmale können wir darauf schließen, dass es sich wahrscheinlich um eine Frau handelt. Sie hat zudem eine senkrechte Stirn, Stirnhöcker und eine flache Nasenwurzel.“
Laut Kubálek sind kleine Auswüchse in der Kieferhöhle sichtbar. Diese können die Folge einer lang anhaltenden Erkältung oder eines Aufenthalts in einem verrauchten Raum sein.
Tomáš Polišenský arbeitet als Archäologe am Institut für archäologische Denkmalpflege Mittelböhmens. Er hat eine Theorie, warum sich die Frau in Böhmen aufhielt:
„Eine Möglichkeit ist, dass sie Mitglied einer diplomatischen Mission oder einer Hochzeitgesellschaft war. Wahrscheinlich ist diese Person auf der Reise gestorben. Das bedeutet, dass eventuell nicht Böhmen beziehungsweise Tetín ihr Ziel war, sondern vielleicht ein europäischer Königshof.“
Ihr Aufenthalt kann mit der Tatsache zusammenhängen, dass Tetín im Mittelalter ein Sitz der Fürstenfamilie der Přemysliden war. Polišenský zufolge war die Frau allerdings ursprünglich nicht an diesem Ort begraben worden. Jemand habe die Überreste später dorthin gebracht, sagt er.
Die Forscher bereiten nun eine DNA-Analyse vor. Diese soll eindeutig bestätigen, dass es sich tatsächlich um eine Frau aus Afrika handelt. Dies wäre dann ein Beweis, dass die böhmische Region im Mittelalter mit einer weiter entfernt liegenden Außenwelt in Kontakt stand, als bisher gedacht.