Gewagte futuristische Objekte: Vor 85 Jahren wurde Jan Kaplický geboren
Jan Kaplický war ein Visionär und weltweit bekannter Architekt. Seinen Entwurf für eine neue Nationalbibliothek in Prag wischten die hiesigen Politiker aber vom Tisch.
Zu den größten Erfolgen von Kaplickýs Studio Future Systems gehört das Selfridges-Einkaufszentrum im britischen Birmingham von 2003. Das Medienzentrum auf dem Kricketspielfeld Nel Lord’s (1999) wird wiederum von vielen Kritikern als das futuristischste Gebäude des heutigen Londons bezeichnet. Die überdachte, rundliche Journalistentribüne hat sogar die höchste Architekturauszeichnung Großbritanniens erhalten, nämlich den Stirling-Preis. Angesehen ist zudem das Muzeo Enzo Ferrari im italienischen Modena, das Kaplický zu einem großen Teil unterirdisch angelegt hat. Die Glasfassade ist in horizontale Streifen gegliedert, sodass das Gebäude an den Kühlergrill eines Maserati erinnert.
Jan Kaplický wurde am 18. April 1937 in Prag geboren. Das künstlerische Talent hatte er offenbar geerbt – seine Mutter war Zeichnerin, sein Vater Architekt, Maler und Bildhauer. Kaplický studierte an der Hochschule für Kunstgewerbe in Prag, emigrierte 1968 nach England und begann dort, als Architekt zu arbeiten. 1979 bis 1983 war er in einem der bekanntesten Architekturstudios von Foster Associates angestellt, gründete zu der Zeit aber gemeinsam mit David Nixon bereits seine eigene Firma Future Systems. Immer noch aktiv, starb Kaplický unerwartet am 14. Januar 2009 – an dem Tag, als seine zweite Frau Eliška ihre gemeinsame Tochter Johanna zur Welt brachte.
Erst kurz zuvor war Kaplický auch in seiner Heimat Tschechien richtig bekannt geworden. 2007 hatte er nämlich den internationalen Architektenwettbewerb für die neue Nationalbibliothek in Prag gewonnen. Der gewagte Entwurf der sogenannten „chobotnice“ (Krake) rief in der tschechischen Öffentlichkeit eine leidenschaftliche Diskussion hervor. Der Bau scheiterte schließlich am Widerstand einer Gruppe von einheimischen Politikern, allen voran des damaligen Staatspräsidenten Václav Klaus. Ein ähnliches Schicksal widerfuhr Kaplickýs Projekt für einen Konzertsaal in České Budějovice / Budweis mit dem Spitznamen „rejnok“ (Rochen).