Presseschau – außerdem: Über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens
Herzlich Willkommen zum Medienspiegel, wie immer am Ende einer Woche. Beim Tschechischen Rundfunk zu Gast war der Vorsitzende der ständigen Medien-Kommission des tschechischen Senats, Jiří Oberfalzer, und sprach über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Zeiten der Digitalisierung. Aber zunächst kommen wir zu unserer kleinen Presseschau. Welche Themen haben die tschechischen Printmedien in dieser Woche ausführlich behandelt?
Die Wirtschaftszeitung „Hospodářské noviny“ füllt gleich die ersten drei Seiten fast nur mit einem Thema: Die erneute Erkrankung von Ex-Präsident Václav Havel: „Die Ärztin: Havels Leben ist nicht in Gefahr“. Havel ist schmerzfrei, kann essen, was er möchte, er verfolgt die Nachrichten im Fernsehen, aber sein Zustand bleibt sehr ernst, berichtet das Blatt. Eine zehnköpfige Ärzteschaft sorgt sich seit Tagen um Havels Lunge, die teilweise zu funktionieren aufgehört hat. Er wird künstlich beatmet und hält damit die Republik in Atem. Die „Hospodářské noviny“ bringen auch eine Krankheitsgeschichte von Václav Havel, deren ernster Beginn in den 90er Jahren liegt. Und sie zitiert Havel mit einem vielsagenden Satz: „Meinen Körper habe ich nie wirklich beachtet“.
Unser letztes Thema in der heutigen Presseschau: Es ist der EU-weite Streit um das Kunstwerk „Entropa“ zur tschechischen Ratspräsidentschaft. Es hängt am Eingang zum EU-Ratsgebäude in Brüssel und ist mehrere Tonnen schwer. Die Tageszeitung„Právo“ titelt: „Der Künstler David Černý spaltet die Europäische Union“. Das große rasterartige Werk sollte eigentlich eine Gemeinschaftsproduktion von Künstlern aus allen 27 EU-Ländern sein. Zu sehen sind ironisiert stereotype Darstellungen der einzelnen Länder. Geschaffen wurden sie jedoch im Wesentlichen von Černý allein – ein Wortbruch, wie die tschechische Regierung meint. Černý entschuldigte sich bei ihr. Protest eingereicht haben bisher außerdem Bulgarien – symbolisiert durch ein türkisches Klo – und die Slowakei, dargestellt als verschnürte ungarische Salami. Eine Anspielung auf die Probleme mit der ungarischen Minderheit. David Černý betrachtet seine Kunst als Spiel, als Spiel um die niedrigste Humorschwelle in Europa.Soweit für heute unsere Presseschau.
Die ständige Medien-Kommission des tschechischen Senats hat im vergangenen Jahr ein Seminar veranstaltet, zum dem unter anderem die Direktoren und Chefredakteure wichtiger Fernsehsender geladen waren. Das Thema: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in der digitalen Sphäre. Mitinitiiert wurde die Veranstaltung vom Vorsitzenden der Senats-Kommisssion Jiří Oberfalzer.
Was der öffentlich-rechtliche Auftrag in Zukunft bedeutet, wenn im Zuge der Digitalisierung immer mehr Fernsehsender den Markt erobern, darüber sei es nötig, rechtzeitig zu diskutieren, meinte Jiří Oberfalzer gegenüber dem Tschechischen Rundfunk.
„Es ist nötig darüber zu diskutieren, weil sich die Bedingungen geändert haben und weiter ändern werden. Wir haben früher in einer Sphäre gelebt, in der es nur ein staatliches Fernsehen gab. Dann ging unter großen Anfangsschwierigkeiten 1994 das erste Privatfernsehen auf Sendung: TV Nova. Das zog in einer Zeit, wo der Hunger nach kommerziellen Programmen groß war, eine entsprechend große Aufmerksamkeit auf sich. Dann kam 1997 der Privatsender Prima hinzu, entstanden durch die Verbindung einiger regionaler Lizenzen. Und mehr Raum gab es dann eigentlich nicht mehr für weitere Sender.“
Die Zeit der 90er Jahre war vom Entwicklungsstand her noch eine ganz andere als heute. Neue Kanäle entstanden zwar, aber erst die Digitalisierung bringt künftig ganz andere Möglichkeiten mit sich, meint Oberfalzer. In einigen Gebieten der Tschechischen Republik hat das Digitalfernsehen bereits die analoge Ausstrahlung ersetzt. Zum Beispiel im Gebiet Domažlice. Das soll in den kommenden Jahren schrittweise ausgeweitet werden.
„Wenn Sie sich jetzt vorstellen, dass wir – das ist natürlich abhängig vom Geld – in Zukunft 20 bis 30 digitale Fernsehkanäle hinzubekommen, dann muss man automatisch auch über die Aufgabe und die Rolle des öffentlich-rechtlichen Senders unter diesen neuen Bedingungen nachdenken. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen sollte nicht in die gleiche Richtung stoßen wie der kommerzielle Bereich. Von den Gebühren sollte nur das bezahlt und produziert werden, was sich anders nicht machen lässt.“
meint Jiří Oberfalzer und nennt Beispiele:
„Das sind – wie in der Regel üblich – Bildungsprogramme, Dokumentationen, tiefer gehende Analysen und Diskussionen. Das Programm des zweiten Tschechischen Fernsehens kommt dem heute wohl am nächsten. Es ist nicht so, dass im öffentlich-rechtlichen Sender keine Serien gezeigt werden können. Aber wenn man dort eine Serie produziert, dann sollte es eine sein, die auf ihre Weise neue Werte transportiert und tatsächlich der Öffentlichkeit zugute kommt. Das sind Parameter, an denen sich das Öffentlich-rechtliche orientieren muss.“
Eine Inspiration für die Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen Senders und vor allem für seine Kontrolle hat Jiří Oberfalzer aus Großbritannien mitgebracht, wie er berichtet:
„Da gibt es das so genannte Board of trustice. Das ist ein großer Medienrat, der das Funktionieren des Senders BBC regelt und korrigiert. Und dieser Rat hat heutzutage folgende Regel: Jedes neue Projekt, das die öffentlich-rechtliche BBC vorschlägt, wird vom Rat daraufhin geprüft, ob es nicht genauso gut im kommerziellen Bereich umgesetzt werden könnte. Und erst, wenn feststeht, dass das nicht möglich bzw. nicht zu erwarten ist, dann gibt der Medienrat die Erlaubnis, das Projekt umzusetzen. Und ich glaube, es wäre nicht schwer, etwas Ähnliches schrittweise auch für unser Fernsehen einzurichten.“