Nach Arbeitsverbot für Mitarbeiterinnen: NGO Člověk v tísni setzt ihre Arbeit in Afghanistan aus

Halimah, 13-jähriges Schulmädchen in einem leeren Klassenzimmer in Kabul, Afghanistan, Donnerstag, 22. Dezember 2022

Die radikalislamischen Taliban gehen in Afghanistan weiter gegen Frauen vor. Nun betrifft es die Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen. Diese dürfen seit Sonntag nicht mehr normal weiterarbeiten. Internationale NGOs wie auch die tschechische Organisation Člověk v tísni haben deswegen ihre Programme in dem Land ausgesetzt.

Das afghanische Wirtschaftsministerium hatte am Samstag ein Schreiben veröffentlicht. In diesem fordert das Ressort von allen nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen, dass diese ihre Mitarbeiterinnen bis auf Weiteres von ihrer Arbeit suspendieren. Betroffen davon ist auch Člověk v tísni (Mensch in Not), die größte tschechische Hilfsorganisation. Tomáš Kocián ist dort der Regionalleiter für den Nahen Osten. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:

„Frauen machen rund ein Drittel unserer 140 Beschäftigten in Afghanistan aus. Sie sind nun bei sich zu Hause. Das mussten wir so beschließen, weil wir ansonsten die Lizenz für unsere Arbeit in dem Land verlieren würden. Unsere Mitarbeiterinnen erhalten weiter ihren Lohn und arbeiten – wenn dies geht – von zu Hause aus.“

Aus Protest haben sich die ausländischen NGOs aber entschieden, ihre Programme in Afghanistan vorerst zu stoppen. Diese Entscheidung tragen unter anderem auch große Organisationen wie Care oder Save the Children mit. Bei Člověk v tísni sind damit wichtige Arbeitsbereiche ausgesetzt…

Tomáš Kocián | Foto: Tschechischer Rundfunk

 „Wir haben das Bildungsprogramm für mehr als 5000 Kinder gestoppt, auch das Programm zum Wiederaufbau der Infrastruktur auf dem Lande und jenes zum Wiederaufbau von Häusern für Menschen, die in Regionen zurückkehren, in denen in den vergangenen Jahren Krieg herrschte. Für all sie ist das sicher eine sehr schlechte Nachricht“, so Kocián.

Begründet haben die Taliban die Suspendierung von Mitarbeiterinnen der NGOs im Übrigen mit Kleidervorschriften. So sollen „ernsthafte Beschwerden“ eingegangen sein, dass diese Frauen den Hidschab nicht getragen hätten – das ist das islamische Kopftuch.

In den vergangenen Monaten hat das Regime in Afghanistan seine Ausgrenzung von Frauen immer weiter vorangetrieben. Vor einer Woche verboten ihnen die Taliban den Zugang zur Hochschulbildung. Viele weibliche Angestellte im öffentlichen Dienst sind bereits entlassen worden. Frauen und Mädchen dürfen des Weiteren keine öffentlichen Parks und Gartenanlagen mehr betreten.

Illustrationsfoto: EU Civil Protection and Humanitarian Aid,  Flickr,  CC BY-NC-ND 2.0

Die ausländischen NGOs wollen mit dem Stopp ihrer Programme die Herrscher in Kabul zu einem Einlenken bewegen:

„Unser Ziel ist sowohl politischer Druck auf die Autoritäten dort, als auch ein symbolischer Akt für die Mitarbeiterinnen und allgemein für Frauen in Afghanistan. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nur Männer beschäftigen. Das wäre ein grundlegendes Hindernis für unsere Betätigung in dem Land.“

Tomáš Kocián hofft nun – genauso wie die Kollegen weiterer westlicher Hilfsorganisationen –, dass die Miliz nur vorübergehend die Mitarbeiterinnen suspendiert hat. Man wolle den zuständigen Stellen die Folgen erläutern, so der Regionalleiter:

Taliban | Foto: bluuurgh,  Wikimedia Commons,  public domain

„Afghanistan steckt in einer tiefen humanitären Krise. Mehr als 28 Millionen Menschen in dem Land – das sind rund zwei Drittel der Gesamtbevölkerung – brauchen in irgendeiner Weise Hilfe. Wir sind dort wegen der Menschen, nicht wegen der Taliban. Die Miliz bereitet uns hingegen ausschließlich Probleme.“

Bereits im August warnte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths vor einer Hungersnot in Afghanistan. Er rief die internationale Gemeinschaft zur Hilfe auf für die Menschen in dem Land am Hindukusch.

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