Unterfinanzierte Geisteswissenschaften: Unis in Tschechien protestieren für höhere Gehälter
Die Lehrkräfte von 13 Universitäts-Fakultäten aus neun Städten Tschechiens schließen sich zu einem Protest zusammen.
Hunderte von Akademikern in den Geistes- und Sozialwissenschaften protestieren – symbolisch am Tag der Lehrer – für eine Gehaltserhöhung. Die Aktion unter dem Motto „Stunde der Wahrheit“ wird am Nachmittag in Prag mit einem Marsch der Akademiker zur Masaryk-Statue auf dem Hradschin enden. Die Hochschullehrer fordern vom Bildungsministerium mehr Geld für die Universitäten und eine Angleichung der Tarife in den einzelnen Disziplinen. Denn die Entlohnung in den Geisteswissenschaften liegt nur bei einem Bruchteil der an Fakultäten für Naturwissenschaften, Medizin und Mathematik.
Ondřej Švec ist Vorsitzender des Akademischen Senats an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag und einer der Hauptorganisatoren der Protestaktion. Nach seiner Aussage verdient ein Assistenzprofessor an seiner Fakultät 32.400 Kronen brutto. Das entspricht 1365 Euro.
„Unsere Gehälter liegen auf dem Niveau von unqualifizierten Arbeitskräften im Supermarkt. Für eine Arbeit, die Fremdsprachenkenntnisse und Veröffentlichungen in international renommierten Zeitschriften erfordert, sollte uns meiner Meinung nach ein anständigerer Lohn zukommen.“
Ziel des Protestes sei es, die Forderungen der Tschechischen Rektorenkonferenz und des Verbands der Dekane der Philosophischen Fakultäten zu unterstützen, sagte Švec. Die Rektoren verlangen, dass die Finanzmittel für die Universitäten auf das Niveau des Durchschnitts der OECD-Länder angehoben werden. Das würde etwa zehn Milliarden Kronen (420 Millionen Euro) mehr pro Jahr als bisher bedeuten.
Der tschechische Bildungsminister Vladimír Balaš (Bürgermeisterpartei Stan) hat zugegeben, dass die Finanzierung der Universitäten lange Zeit vernachlässig wurde. Zugleich fügte er hinzu, dass auch die Universitäten bei sich etwas verändern müssten. Vor allem nannte Balaš einen besseren Umgang mit den Geldern vom Staat:
„Wir werden durch Maßnahmen allein auf der Seite des Staats nichts erreichen, wenn die Universitäten nicht selbst rationalisieren und nachhaltiger wirtschaften.“
Radka Wildová leitet die Hochschulabteilung im Bildungsministerium. Sie bestätigte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks, dass ihr Ressort über mehr Geld für die Universitäten verhandle. Aber auch sie erinnerte daran, dass die Universitäten weitgehend selbst ihren Betrieb regeln:
„Es geht ebenso darum, wie die Mittel intern in den Universitäten verteilt werden und welche strategischen Entscheidungen getroffen werden. Und natürlich muss der Unterricht an einigen geistes- und sozialwissenschaftlichen Fakultäten, aber nicht nur dort, intern optimiert und rationalisiert werden. Wir müssen also beide Seiten sehen.“
Švec lehnt dieses Argument des Ministeriums jedoch ab. Sich auf die Eigenständigkeit der Universitäten zu berufen, bezeichnet er als Ausrede:
„Wir können von unseren Kollegen an medizinischen, naturwissenschaftlichen und mathematisch-physikalischen Fakultäten nur schwerlich fordern: Reduziert Eure Gehälter, damit wir an der philosophischen Fakultät nicht am Hungertuch nagen. Sollte das Bildungsministerium die Finanzen für die Hochschulen erhöhen, können wir nur hoffen, dass unsere Kollegen aus den exakten Wissenschaften dem zustimmen, dass diese Mittel vor allem jenen Fächern zukommen, die am stärksten an der Unterfinanzierung leiden.“
Bildungsminister Balaš spricht an diesem Dienstag mit Premier Petr Fiala (Bürgermeister) über die Erhöhung des Budgets für die Hochschulen. Am Mittwoch soll das Regierungskabinett diese Frage erörtern.