Bikes for Africa: Zur Schule auf einem Fahrrad aus Tschechien

Tschechen spenden gebrauchte Fahrräder nach Gambia. Dies ist der Grundgedanke des humanitären Projekts Bikes for Africa. Die Fahrräder werden hierzulande repariert und zerlegt und dann in das afrikanische Land geschickt. Kinder, die sonst mehrere Kilometer zu Fuß zur Schule gehen müssten, bekommen die Komponenten, montieren diese zusammen und können mit dem neuen Fahrrad zur Schule fahren.

Foto: Bikes for Africa

„Wir helfen Kindern in Afrika auf ihrem Weg zur Bildung“ – so lautet das Motto des Projekts Fahrräder für Afrika / Bikes for Africa. Es wurde 2012 ins Leben gerufen. Hinter der Idee steht eine Gruppe von Enthusiasten, für die die Hilfe für andere Menschen ein natürlicher Teil des Lebens ist. Einer von ihnen ist Roman Posolda. Er ist seit den Kinderjahren ein begeisterter Radfahrer. Da er Lehramt sowie Anthropologie studiert habe, habe er immer etwas machen wollen, das Sinn habe und etwas für die Kinder in der Welt bringe, sagte er gegenüber Radio Prag International. In Gambia haben sich die Liebe zum Fahrrad und die Hilfe für Kinder verbunden:

„Ich habe eine Zeit lang in England gelebt, wo ich von einem ähnlichen Projekt erfahren habe. Warum Gambia, wenn es in Afrika über 50 Länder gibt? In England lernte ich einen Menschen aus diesem Land kennen. Er erzählte uns seine Lebensgeschichte und davon, dass er nie eine Schule besucht hat. Denn der Weg zu einer Bildungseinrichtung kann dort sehr lang sein. Es gibt keine Schulbusse. Mit dem Auto kann man nicht fahren, weil es keine Straßen gibt beziehungsweise die Familien es sich nicht leisten können, ein Auto zu kaufen. Die einzige Möglichkeit für diese Kinder ist also oft, zu Fuß zur Schule zu gehen. Die Entfernung kann fünf, aber auch acht oder zehn Kilometer betragen. Ein Fahrrad kann also für ein Kind im ländlichen Afrika eine große Hilfe sein.“

Foto: Bikes for Africa

Langer Weg zur Schule

Am Anfang haben Spender in Tschechien Fahrräder an Sammelstellen abgegeben. Diese wurden von Freiwilligen gesammelt und ins Zentrallager nach Ostrava / Ostrau gebracht. Dort wurden sie repariert und anschließend per Schiff nach Gambia geliefert:

Foto: Bikes for Africa

„Ursprünglich haben uns Auszubildende der Ingenieurschule oder Mitarbeiter von Fahrradgeschäften

geholfen. Das war eine enthusiastische Zeit, an den Schulen war man hilfsbereit und offen. Im Jahr 2013 nahmen wir dann die Zusammenarbeit mit dem Gefängnis hier in Ostrava auf. Die Gefangenen arbeiten seitdem in einer Werkstatt, in der die Fahrräder repariert werden.“

In der Corona-Zeit haben die Initiatoren das Projekt überdacht und sind dabei auf die Idee gekommen, dass es besser wäre, die Fahrräder nicht hierzulande zu montieren:

„Wir sahen einen viel tieferen Sinn darin, wenn die Kinder in Gambia die Fahrräder selbst bauen könnten. Also haben wir die Strategie geändert. Die Sträflinge demontieren die Fahrräder, und machen daraus hierzulande eigentlich Fahrrad-Bausätze. Wir müssen die Räder für den Einsatz in Afrika vorbereiten, das heißt, einige der Komponenten durch haltbarere ersetzen, die den afrikanischen Bedingungen standhalten. Seit 2021 bauen die Kinder in Gambia die Fahrräder nun selbst, und zwar aus den Bausätzen, die wir ihnen schicken. Dabei fassen sie das Fahrrad an, sie montieren es und verstehen es. Und das Rad kann von ihnen dadurch viel länger gebraucht werden als vorher.“

Foto: Bikes for Africa

In den ersten Jahren wurde das Fahrrad den Schülerinnen und Schülern nur geliehen, und sie mussten es in der Schule wieder zurückgeben. Heute dürfen die Kinder das Fahrrad, das sie selbst gebaut haben, behalten…

„Ja, früher haben wir die Fahrräder an die Schulen geliefert. Dort wurden die Kinder ausgewählt, die sie bekommen sollten, also die Kinder, die am weitesten entfernt wohnten. Wenn sie ihren Abschluss machten, gaben sie das Fahrrad zurück, und dieses wurde an einen anderen Schüler geliehen. Seit dem Jahr 2021 ist das System anders. Die Kinder wissen, dass das Fahrrad nach ihrem Abschluss bei ihnen bleibt und ihr Eigentum wird. Der Anreiz ist dadurch noch größer, sie sind dazu motiviert, erfolgreich abzuschließen. Sie können das Rad zur Fahrt in die weiterführende Schule oder zur Arbeit nutzen.“

Foto: Bikes for Africa

Eigenes Fahrrad selbst bauen

Das Zentrum in Ostrau bekommt ungefähr 5000 bis 6000 Fahrräder jährlich, mit denen weiter gearbeitet wird. Insgesamt über 11.000 Fahrräder wurden bereits nach Gambia geschickt und diese dort von rund 15.000 Kindern genutzt. Wie Posolda betont, habe das Projekt nicht nur den Schülern in Afrika, sondern auch den Sträflingen im Gefängnis in Ostrau geholfen:

Foto: Bikes for Africa

„Durch die Arbeit in der Werkstatt kommen sie wieder auf einen guten Weg im Leben. Es gibt hier 30-, 50- oder 60-Jährige, die einen dornigen Lebensweg hinter sich haben. Und dank der positiven Arbeit hier haben sie die Möglichkeit, nicht nur anderen zu helfen, sondern vielleicht auch sich selbst ein wenig anders zu sehen. Sie spüren, dass jemand sie schätzt und sie gelobt werden – und vielleicht haben sie das in ihrem Leben noch nie erlebt. Auch das sind wichtige Werte.“

Posolda und seine Kollegen waren seit 2013 in allen Regionen Gambias tätig:

„Das damalige diktatorische Regime drängte uns dazu, um sein eigenes Image zu verbessern. Sie wollten Fahrräder an verschiedenen Orten im ganzen Land anbieten, damit jeder sehen konnte, wie sehr sich die Regierung um die Bürger kümmere. Seit 2017 herrscht relative Demokratie in Gambia, und unsere Partnerschaft mit dem Bildungsministerium wurde intensiver. Es ist wirklich eine Zusammenarbeit, und wir haben beschlossen, dass wir uns auf nur ein Gebiet konzentrieren.“

Kola pro Afriku - CZ+AT cooperation for Gambia 2022

Ausgewählt wurde die ärmste Gegend des Landes, die Region Janjanbureh. Die Armut sei dort schon rein äußerlich am markantesten, sagt der Organisator:

Janjanbureh – Gambias ärmste Gegend

Foto: Bikes for Africa

„Wir arbeiten dort nun nicht nur mit den Schulen zusammen, sondern bauen auch ein Bike-Zentrum auf. Das ist eine Zentrale unseres Projekts. Künftig wird sich daraus aber auch eine praktische Berufsschule entwickeln. Die Einheimischen werden vor Ort die Fahrräder zusammenbauen und in Zukunft auch produzieren.“

Roman Posolda hat auf seinem eigenen Fahrrad die Welt bereist. Dabei habe er gesehen, dass die Welt nicht gerecht sei. Denn an einigen Orten gebe es Menschen, die in einem Wohlstand lebten, der größer sei, als das was sie brauchten. Und dann gebe es Orte, an denen die Menschen es nicht leicht hätten, sagt er im Interview:

Roman Posolda | Foto: Bikes for Africa

 

„In Gambia herrscht große Armut, aber ich liebe das Land trotzdem. Mich hat positiv überrascht, dass die Menschen sehr offen dafür sind, gemeinsam mit uns an diesem Projekt zusammenzuarbeiten. Es ist erstaunlich, wie eng so eine Verbindung werden kann, auch wenn die Leute vor Ort vielleicht nur ihre Stammessprache sprechen, die ich nicht verstehe. Die gemeinsame Sprache ist Englisch, und es gibt immer jemanden, der dolmetschen kann. Aber auch wenn wir uns nicht verstehen, wissen wir, was wir tun sollen. Natürlich gibt es immer ein paar kleine Hindernisse, aber die können wir gemeinsam überwinden. So kommen wir tatsächlich alle voran, und das bereitet uns große Freude. Wenn man etwas Positives tut, dann bringt das einem viel Energie und Inspiration.“

Foto: Bikes for Africa
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