Till Janzer: „Kontinuierliche Berichterstattung gibt Impulse für tschechisch-deutsche Beziehungen“
Nur wer sich über einen längeren Zeitraum mit einer Sache befasse, könne sie wirklich verstehen. Und nur wer mit ganzem Herzen dabei sei, könne auch andere inspirieren. So heißt es im Motto für die Sonderauszeichnung für langjährige herausragende journalistische Tätigkeit, die der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds verleiht. Mit dem diesjährigen Preis wurde Till Janzer aus der deutschen Redaktion von Radio Prag International geehrt.
Till, erst einmal herzlichen Glückwunsch… Du hast am Freitagabend den Deutsch-Tschechischen Journalistenpreis erhalten. Was bedeutet dir diese Auszeichnung?
„Es ist eine sehr große Ehre, weil das eine Auszeichnung ist für meine journalistische Arbeit, die jetzt schon ein Vierteljahrhundert andauert, aber auch für die deutschsprachige Redaktion von Radio Prag International. Ich hätte niemals gedacht, dass ich so einen Preis bekommen könnte.“
Du wurdest geehrt als Leiter der deutschen Redaktion von Radio Prag International. Du stehst seit 17 Jahren an der Spitze unseres Teams, das den Zuhörern und Lesern Tag für Tag das aktuelle Geschehen in der Tschechischen Republik in deutscher Sprache nahebringt. Worin siehst du den Sinn dieser Arbeit?
„Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig, dass wir gerade auf Deutsch etwas über Tschechien bringen. Denn Tschechien ist ja nun schließlich ein wichtiges Nachbarland Deutschlands, aber trotzdem nicht so richtig im Fokus der Medien dort. Wir sind eigentlich das einzige Medienhaus, das so etwas bringt. In Deutschland, wo ganz häufig Tschechien einfach nur als Osteuropa dargestellt und eben halt nicht als dieses Nachbarland wahrgenommen wird, ist es wichtig, auch kontinuierlich darüber zu berichten, was hier geschieht. Es hat große Bedeutung für die tschechisch-deutschen Beziehungen, die ständig irgendwo auch weiterhin einen Impuls brauchen.“
Seit 17 Jahren Redaktionsleiter bei Radio Prag International
Denkst du, dass in Deutschland ein Mainstream-Bild Tschechiens existiert?
„In gewisser Weise schon. Es gehört mehreres dazu: Als erstes kommt irgendwie Bier, der Schwejk. Und dann auch Václav Havel, der nicht mehr lebt, und schon deswegen ist Tschechien auch ein bisschen herausgefallen aus der aktuellen Berichterstattung. Man kann zudem weitere Namen nennen, also etwa Karel Gott. Ich denke, es fehlt manchmal, dass man das Land nicht nur darstellt als ein kleines Land mit sehr lustigen Persönlichkeiten, sondern ganz normal mit alltäglichen Problemen, die auch gelöst werden müssen.“
Du lebst seit 26 Jahren in Prag, kommst aber aus dem Westen Deutschlands, eigentlich aus dem deutsch-französischen beziehungsweise dem deutsch-schweizerischen Grenzgebiet. Wie kam es, dass du begonnen hast, dich für Tschechien zu interessieren? Was hat dich später nach Prag geführt?
„Ursprünglich habe ich osteuropäische Geschichte und Slawistik studiert und habe Russisch gelernt. Ich bin allerdings nie so richtig warm geworden mit den Menschen dort in Russland, auch wegen der politischen Einstellung dort schon damals Anfang der 1990er Jahre. Nach dem Studium wollte ich aber etwas in der Richtung weitermachen und dachte, eine andere slawische Sprache wäre interessant. Ich habe unter anderem Theaterstücke von Václav Havel gelesen sowie die Romane von Milan Kundera. Tschechisch war für mich unter den Sprachen die erste Wahl.“
Auf dem Weg zum Journalismus und nach Prag
Und die Entscheidung, nach Tschechien zu gehen und hierzulande zu leben?
„Die habe ich natürlich nicht sofort getroffen. Ich bin 1997 hier zu einem Praktikum bei der Heinrich-Böll-Stiftung gekommen. Ich hatte auch schon mal bei der Prager Zeitung gefragt und konnte gleich Anfang 1998 noch ein Praktikum dort anschließen. Irgendwie hat es sich so ergeben, dass mir angeboten wurde, dort ein Volontariat zu machen, und nach zwei Jahren habe ich Festanstellung bekommen.“
Wie war Dein Weg zum Journalismus? Du hast Geschichte studiert, hast du schon damals daran gedacht, dass du dich mal dem Journalismus widmest?
„Journalismus hat mich interessiert, aber ich habe in Deutschland nie ein Praktikum gemacht oder etwa für meine Heimatzeitung, die Badische Zeitung, frei gearbeitet. Das ist eigentlich erst durch dieses Praktikum gekommen. Bei der Prager Zeitung hatte ich jede Menge Möglichkeiten auszuprobieren. Der damalige Chefredakteur und Mitgründer hat mir und allen im Team große Freiheit gegeben.“
2006 bist du von der Prager Zeitung zu Radio Prag gewechselt. Erinnerst du dich noch an deinen ersten Tag bei Radio Prag?
„Es war alles sehr neu. Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht so richtig Ahnung und während ich schon arbeitete, musste ich erst einmal hineinkommen in die Sache. Und wir haben damals noch live gesendet. Das war schon Action, mit viel Nervosität auch verbunden, das erste Mal auf Sendung zu sein.“
Immer wieder mal eine neue Perspektive bieten
Woran denkst Du gerne im Rückblick auf deine journalistische Laufbahn?
„Es sind jede Menge interessante Interviews, die ich gemacht habe. Da muss ich erwähnen, dass ich Historiker bin und wirklich die Möglichkeit gehabt habe, mit Zeitzeugen zu reden – mit Leuten, die den Holocaust überlebt haben. Das ist sehr intensiv und bleibt extrem in Erinnerung. Und zudem einige Politiker, mit denen ich gesprochen habe, aber auch Sportler.“
Was betrachtest du als Herausforderung für deine zukünftige Arbeit?
„Vor allem wollen wir weiterhin auf spannende Weise das darstellen, was es in Tschechien gibt. Es wiederholen sich auch immer mal wieder die Themen, und man muss schauen, dass man vielleicht eine neue Perspektive bieten kann. Und dann freue ich mich auf jede Menge interessante Projekte. Tschechisch-deutsche, aber auch tschechisch-österreichische – tschechisch-schweizerische gibt es leider nicht so viele. Da bin ich sehr gespannt, was da alles passiert.“