20 Jahre in der EU: Wie steht Tschechien unter den Mitgliedsstaaten da?

Petr Fiala

Tschechien feiert dieses Jahr den 20. Jahrestag seines Beitritts zur Europäischen Union. Die Feierlichkeiten begannen am Montag mit einer Konferenz mit dem Titel „Wir gestalten Europa seit 20 Jahren“. Unter anderem Premier Petr Fiala und die EU-Kommissarin Věra Jourová sprachen auf der Veranstaltung.

Die Tschechische Republik hat laut Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) wiederholt gezeigt, dass sie ein ehrlicher und zuverlässiger Partner für andere Mitgliedstaaten in der Union ist. Fiala sagte dies zum Auftakt der Konferenz am Montag in Prag:

Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik | Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik

„In den 20 Jahren unserer EU-Mitgliedschaft haben wir bewiesen, dass wir wissen, wie man sich in Krisen richtig verhält, und bereit sind, Schwächeren solidarisch zu helfen. Diese beiden Punkte sind meiner Meinung nach gerade heute gut zu sehen. Denn die Europäische Union und ganz Europa muss sich mit den Folgen der russischen Aggression, also mit einem Krieg in der Nähe unserer Grenze auseinandersetzen.“

Laut Fiala steht Tschechien in der Europäischen Union derzeit besser da als noch vor einigen Jahren – gerade in Folge des Krieges in der Ukraine. Der Regierungschef sprach auch davon, dass sein Land gelernt habe, seine Ansichten durchzusetzen, und dass es dafür Partner finden könne. Fiala betonte zudem die generellen Vorteile der EU-Mitgliedschaft:

„Die positiven Auswirkungen sind praktisch überall sichtbar, bei der Infrastruktur, den Dienstleistungen, der regionalen Entwicklung sowie beim Schutz der Umwelt und des Kulturreichtums.“

Martin Dvořák | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Auf der Konferenz diskutierten Spitzenvertreter aller fünf Koalitionsparteien, Abgeordnete der Opposition waren hingegen nicht anwesend. Wie Europaminister Martin Dvořák (Bürgermeisterpartei Stan) gegenüber dem Tschechischen Rundfunk sagte, seien sie von den Organisatoren eingeladen worden, hätten sich jedoch geweigert, teilzunehmen:

„Ich bedauere das sehr, denn ich bin der Meinung, dass derart wichtige strategische Angelegenheiten in einem möglichst breiten Plenum erörtert werden sollten, unter anderem, um einen genug breiten Konsensus zu erreichen. Das Steuerrad darf sich nicht alle vier Jahre umdrehen, es muss klar sein, dass wir zur EU dazugehören.“

Věra Jourová | Foto: Kateřina Šulová,  ČTK

Dennoch nahmen die derzeitige Vizepräsidentin der EU-Kommission, Věra Jourová (Partei Ano), und auch alle drei früheren tschechischen Kommissare an der Konferenz teil. Sie tauschten sich über zukünftige Reformen der europäischen Institutionen und über die Aufnahme weiterer Mitgliedstaaten aus, blickten aber auch zurück in die Geschichte. Laut Jourová symbolisierte der Beitritt der Tschechischen Republik zur EU eine Art Trennung von der Vergangenheit:

„Ich denke, dass die Eingliederung Tschechiens in das funktionierende europäische System ermöglicht hat, die wilden 1990er Jahre, in denen man über viele Dinge hinweggesehen hat, abzuschließen.“

Die mögliche Abschaffung des Vetorechts der Mitgliedsstaaten oder die Einführung des Euro waren weitere Themen der Debatte. Die Abgeordnetenhauspräsidentin und Vorsitzende der Partei Top 09, Markéta Pekarová Adamová, sprach sich dafür aus, dass die Regierung erneut einen Kommissar für den Euro ernennen sollte. Die Bürgerdemokraten sind damit jedoch nicht einverstanden.

Auch die Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft auf die Gesellschaft wurden bei der Konferenz erörtert. Regierungschef Fiala zufolge verbessert sich die Einstellung der Tschechen gegenüber der EU allmählich. Aneta Zachová, Chefredakteurin von Euractiv.cz, stimmt dem zu:

„Die Haltung hat sich unter anderem dank dem wiederholten Vorsitz im Rat der Europäischen Union verändert. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und mit der Corona-Pandemie wurde sichtbar: Die Tschechen haben zur Kenntnis genommen, dass wir ein Teil der EU sind und dass die tschechische Stimme dort zu hören ist.“

Der 20. Jahrestag des Beitritts zur Europäischen Union soll in diesem Jahr mit fast 100 Veranstaltungen begangen werden. Die Regierung will zudem den 1. Mai – den Tag des EU-Beitritts – per Gesetz zu einem Gedenktag machen.

Autoren: Markéta Kachlíková , Anna Müllerová
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