Als die Menschen in ihren Stuben erfroren: 95 Jahre seit der Jahrtausendkälte in der ČSR
Der Winter des Jahres 1929 war extrem für die ganze Tschechoslowakei. Am 11. Februar wurde im Ort Litvínovice / Leitnowitz bei České Budějovice / Budweis die tiefste jemals auf tschechischem Gebiet gemessene Temperatur registriert: minus 42,2 Grad Celsius.
Schon im Januar krochen arktische Temperaturen ins Land. Sie sollten sich als Jahrtausendkälte entpuppen, wie die Meteorologen das Naturphänomen letztlich einstuften. Durch ein Hochdruckgebiet, das vom südlichen Finnland bis nach Südfrankreich reichte, war die Mitte Europas von milder Luft vom Atlantik abgeschnitten. Stattdessen strömte sehr trockene und außergewöhnlich kalte Luft aus Russland hierher. Diese Wetterlage hielt lange an: Für 45 Tage hatte der strenge Frost die Tschechoslowakei in seiner Hand.
Vor allem im Februar gingen die Temperaturen in den tiefsten Keller. Den absoluten Kälterekord, der bis heute Bestand hat, maß damals der Budweiser Gymnasialprofessor und Amateurmeteorologe Jaroslav Maňák. Er notierte zudem eine Inversionswetterlage und eine hohe Schneedecke.
Die Witterung forderte auch zahlreiche Todesopfer. Immer wieder berichteten die Zeitungen, dass Menschen selbst in ihren Stuben erfroren waren. Und wer sich draußen aufhielt, begab sich in allergrößte Gefahr. Noch am 1. März 1929 erfroren zwei Männer auf dem Heimweg von ihren Besorgungen: Der eine war nach einem Einkauf auf dem Weg von Mirotice / Mirotitz in den Vorort Obora, der andere wollte vom Markt im Böhmerwaldstädtchen Sušice / Schüttenhofen wieder zu sich nach Hause.
Verkehrschaos und vereiste Vögel
Und obwohl sich dies im Umfang nicht mit heute vergleichen lässt, kam es auch zu einem Verkehrschaos. So konnten laut damaligen Presseberichten zum Beispiel am 14. Februar 1929 in Mähren rund 100 Nahverkehrszüge nicht losfahren. Ebenso gab es auf den internationalen Strecken in dem Winter immer wieder Einschränkungen. Nicht zuletzt setzte der Frost der Tierwelt zu. So sank etwa im Bezirk Olomouc / Olmütz der Wildbestand damals um mehr als 70 Prozent. Und immer wieder hieß es, dass vereiste Vögel vom Himmel gefallen seien.