Biografie über den Theresienstädter Komponisten Viktor Ullmann auf Tschechisch erschienen
Viktor Ullmann (1898-1944) stammte aus dem schlesischen Český Těšín / Teschen. Er ist einer jener Komponisten, die die Nationalsozialisten ins KZ und Ghetto Theresienstadt deportierten und ermordeten. Über ihn hat Ingo Schultz eine Biographie geschrieben, die nun auch ins Tschechische übersetzt wurde. Die Übersetzung wurde am Donnerstag an der Prager Akademie der Musischen Künste feierlich präsentiert. Mit dabei war der Vorsitzende des Vereins musica reanimata aus Berlin, Albrecht Dümling.
Herr Dümling, Sie haben hier den deutschen Verein „musica reanimata“ vertreten und sozusagen als einer der „Paten“ an der Präsentation der tschechischen Übersetzung der Biografie von Viktor Ullmann teilgenommen, die Ingo Schultz geschrieben hat. War Viktor Ullmann einer der Beweggründe für die Entstehung von „musica reanimata“?
„Ja. Und zwar gab es 1987 bei den Berliner Festwochen das Thema ,Musik im Exil‘. Aus diesem Anlass kam damals die Wiener Kammeroper mit einer Inszenierung der Oper ,Der Kaiser von Atlantis‘ von Viktor Ullmann nach Westberlin. Die Aufführung war für uns ein großes Erlebnis, weil wir den Namen Viktor Ullmann nie gehört haben. Wir waren beeindruckt von der künstlerischen, ethischen und moralischen Qualität der Kammeroper, sodass damals der Plan entstanden ist, eine Ullmann-Gesellschaft zu gründen. Ein Freund von mir leitete die Neuköllner Oper, das ist ein alternatives Musiktheater im Berliner Stadtteil Neukölln. Er hat 1988 auch eine Inszenierung des ,Kaisers von Atlantis‘ einstudiert. Danach entstand der erwähnte Plan einer Ullmann-Gesellschaft. Als ich nach einem Jahr aus dem Ausland zurückkam, wurde ich bestürmt: ,Wir wollen einen Verein musica reanimata gründen.‘ Der Startpunkt war wirklich die Musik aus Theresienstadt: Ullmann, Hans Krása, Gideon Klein und Pavel Haas.“
Worauf hat sich Ihr Verein in den ersten Jahren nach der Gründung konzentriert?
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„Im Frühjahr 1991 haben wir eine Konferenz veranstaltet und dort Experten zu diesen Komponisten auch aus Tschechien eingeladen. Damals war unter anderem die tschechische Musikwissenschaftlerin Vlasta Reittererová dabei. Eliška Kleinová, die Schwester von Gideon Klein, ist ebenso angereist. Wichtig war, dass wir die Chefs der größten deutschen Musikverlage eingeladen hatten. Sie sagten, sie würden dafür sorgen, die bisher noch nicht gedruckten Noten herauszugeben. So kamen die Werke von Ullmann zum Schott-Verlag. Wir haben auch Bücher veröffentlicht. Einer unserer wichtigsten Autoren war Ingo Schultz. Er hatte 1988 den ,Kaiser von Atlantis‘ in der Neuköllner Oper gesehen und war sehr überrascht. Er sagte, das werde sein Lebenswerk. Schultz hat fast nichts anderes gemacht, als recherchiert und nach Quellen gesucht. 2008 ist dann sein Buch über Viktor Ullmann erschienen.“
In wieweit ist es Ihnen gelungen, Ullmann in der Öffentlichkeit bekannt zu machen?
„Ja, schon – durch Bücher, die wir herausgebracht haben. Zudem haben wir mehrere Gesprächskonzerte zu Viktor Ullmann gemacht. Alle unsere Konzerte werden vom Deutschlandfunk gesendet. Die Noten sind jetzt greifbar. ,Der Kaiser von Atlantis‘ ist sehr viel aufgeführt worden. In Bielefeld wurde Ullmanns ,Der Sturz des Antichrist‘ uraufgeführt. In Dresden wurde die Oper ,Der zerbrochene Krug' gespielt. Ullmann wird immer mehr aufgeführt. Ich denke, dass er inzwischen relativ bekannt ist.“
Mit wem arbeiten Sie und der Verein musica reanimata in Tschechien zusammen?
„Viel mit der Musikwissenschaftlerin und Kulturmanagerin Magdalena Živná. Wir waren schon zweimal zum Ullmann-Festival in Český Těšín eingeladen. Ich arbeite persönlich mit dem Leiter des Instituts Theresienstädter Komponisten, Lubomír Spurný, zusammen. Da sind unsere größten Partner.“
Wurde das auf Tschechisch erschienene Buch über Viktor Ullmann auch in andere Sprachen übersetzt?
„Nein, das ist die erste Übersetzung überhaupt. Es wäre zu wünschen, dass es auf Englisch erscheint.“
Das Buch über Viktor Ullmann von Ingo Schultz wurde von der Musikwissenschaftlerin Magdalena Živná ins Tschechische übersetzt. Die tschechische Fassung hat sie ergänzt um ein Kapitel mit dem Titel „Viktor Ullmann in der Tschechoslowakei und in der Tschechischen Republik“.