Vor 85 Jahren: Beisetzung von Karel Hynek Mácha wird zu Protest gegen Nazi-Deutschland
Vor 85 Jahren wurden auf dem Prager Vyšehrad die sterblichen Überreste des Dichters Karel Hynek Mácha beigesetzt. Zuvor hatte man sie auf einem Friedhof in Litoměřice / Leitmeritz exhumiert. Das Sudetenland war damals von den Deutschen annektiert. Mit der Aktion sollten Máchas sterbliche Überreste gerettet und demonstrativ gegen die Politik Nazi-Deutschlands protestiert werden.
Karel Hynek Mácha galt in der Zeit der Ersten Tschechoslowakischen Republik als Symbol der Nationalbewegung und der Freiheit. Der wichtigste Vertreter der tschechischen Romantik starb am 6. November 1836 in Litoměřice im Alter von nur 26 Jahren – beim Löschen eines Brandes hatte er sich eine Erkrankung zugezogen. Beerdigt wurde Mácha auf dem Friedhof der nordböhmischen Stadt, und zwar an jenem Tag, an dem er eigentlich hatte heiraten sollen.
Mehr als 100 Jahre später war es Karel Engliš, der sich um die Verlagerung der Grabstätte Máchas bemühte. Engliš war Gouverneur der tschechoslowakischen Nationalbank und wollte verhindern, dass der Leichnam Máchas in die Hände der Nazis gerät. Am 1. Oktober 1938 grub man die sterblichen Überreste aus und lagerte sie vorerst in einem Krematorium im Prager Stadtteil Strašnice ein. Am 6. Mai 1939 wurde der Sarg dann im Pantheon des Prager Nationalmuseums ausgestellt – eingehüllt in eine tschechoslowakische Flagge. 50.000 Menschen kamen, um sich vor dem Autor zu verneigen. Weitere 200.000 Menschen standen dann am 7. Mai 1939 Spalier, als der Katafalk bei einem Umzug zum Friedhof auf dem Prager Vyšehrad gebracht wurde. Dort fand Mácha seine wirklich letzte Ruhestätte.
Am Grab des Schriftstellers sprachen bedeutende Persönlichkeiten der Zeit. Zudem wurde das Begräbnis live vom Tschechoslowakischen Rundfunk übertragen. Doch der demonstrative Protest gegen die deutschen Besatzer blieb nicht ohne Folgen. Der Priester Bohumil Stašek, der auf der Beerdigung Máchas, aber auch bei weiteren bedeutenden Veranstaltungen predigte, wurde im September 1939 festgenommen und bis zum Kriegsende im KZ Dachau eingesperrt. Der Reporter Franta Kocourek, der das Ereignis im Rundfunk kommentierte, kam in Auschwitz zu Tode.