Corinne Winters: „Schwer zu sagen, ob mich Janáčeks Musik oder seine Charaktere mehr interessieren“
Die US-amerikanische Sopranistin Corinne Winters hat mehrere Werke tschechischer Komponisten im Repertoire. Am vergangenen Samstag trat sie bei einem der Konzerte des internationalen Musikfestivals „Dvořákova Praha“ („Dvořáks Prag“) auf. Martina Schneibergová hat sich nach der Probe mit der Sopranistin im Prager Rudolfinum getroffen und mir ihr über ihre Beziehung zur tschechischen Musik und ihre Zukunftspläne gesprochen.
Beim Festival „Dvořákova Praha“ sang Corinne Winters in der „Glagolitischen Messe“ von Leoš Janáček. Mit der Tschechischen Philharmonie, dem Philharmonischen Chor und weiteren Solisten hat der tschechische Dirigent Jakub Hrůša das Werk einstudiert. In derselben Besetzung wurde Janáčeks Werk Ende August bei den BBC Proms in London aufgeführt. Corinne Winters sagte gegenüber Radio Prag International:
„In London habe ich die ‚Glagolitische Messe‘ zum ersten Mal gesungen. Das ist ein bisschen überraschend, denn ich habe schon viele Kompositionen von Janáček gesungen. Es war für mich unglaublich, die Reaktion des Publikums in London zu erleben. Die Leute waren komplett begeistert. Das Werk ist so wild und lebendig und enthält so viel Energie – wie alle seine Werke. Es ist für mich eine große Ehre, die Messe hier in Prag zu singen.“
Jakub Hrůša ist der Dirigent, mit dem sie vermutlich am häufigsten zusammenarbeite, erzählt die Sopranistin.
„Ich mag es, mit ihm zusammenzuarbeiten. Wir haben Janáček, Dvořák und auch Strauss gemeinsam einstudiert. Im vergangenen Jahr habe ich in Wien und Bamberg Strauss’ ‚Vier letzte Lieder‘ gesungen. Jakub liebt die Musik wirklich innerlich, er ist ein sehr starker Dirigent. Die Zusammenarbeit mit ihm finde ich besonders inspirierend.“
Bald erwartet Corinne Winters eine weitere Arbeit mit Jakub Hrůša. Anfang des nächsten Jahres wird sie nämlich die Titelrolle in Janáčeks Oper „Jenůfa“ im Londoner Royal Opera House singen. In der Vergangenheit trat die Sopranistin bereits in zwei Produktionen von „Jenůfa“ auf, zudem sang sie auch die Hauptrolle in „Katja Kabanowa“. Warum begeistert sie Janáčeks Musik so sehr? Corinne Winters:
„Es ist schwierig zu sagen, ob mich die Musik oder die Charaktere seiner Heldinnen mehr interessieren. Beides ist fantastisch. Die Musik ist einzigartig, sie ist so reich und geht in die Tiefe. Und die Frauenrollen sind unglaublich gut geschrieben. Es scheint, dass der Komponist die Frauen gut verstanden hat. Die Geschichten dieser Operncharaktere ziehen mich stark an. Zudem mag ich die Art, wie der Komponist die tschechische Sprache nutzt. Dies hat mich auch dazu bewegt, Tschechisch zu lernen. Denn er nutzt die Sprache auf eine authentische Art und Weise.“
Sie lerne Tschechisch bereits seit zwei Jahren, erklärt die Sängerin und fügt gleich einen Satz auf Tschechisch hinzu:
„Můžu mluvit česky, ale jenom trochu.“ („Ich kann tschechisch sprechen, aber nur ein bisschen.“)
In Musikerkreisen wird meistens Italienisch für die Sprache gehalten, die für den Gesang am besten sei. Wie findet Corinne Winters die tschechische Sprache?
„In der tschechischen Sprache gibt es kurze und lange Silben. Und dies ist einigermaßen ähnlich wie im Italienischen. Aber die kurzen tschechischen Silben können für das Singen schwierig sein, weil man nicht so viel Zeit hat, sie mit der Stimme vorzutragen wie im Französischen oder Italienischen. Mir fällt als ein Beispiel das Wort „smrt“ (Tod, Anm. d. Red.) ein. Das besteht nur aus Konsonanten. Ich liebe es, tschechisch zu singen. Aber am Anfang war das für mich schon sehr hart, denn es ist eine spezielle Sprache.“
Eine weitere Janáček-Rolle wird Corinne Winters im März in der Bayerischen Staatsoper in München singen. In der Oper „Katja Kabanowa“ begegnet sie dem tschechischen Tenor Pavel Černoch nach einem Jahr wieder:
„Ich habe mit Pavel schon in Dvořáks ,Rusalka‘ in der Wiener Staatsoper gesungen. Das war fantastisch. Nächstes Jahr singen wir zuerst in der ,Katja‘ und danach haben wir gemeinsam ein Konzert im Sommer beim Festival ,Smetanas Litomyšl‘.“
Auch mit Bedřich Smetanas Musik hat Corinne Waters schon Erfahrungen gemacht. So habe sie bereits in seiner Oper „Der Kuss“ gesungen, jedoch auf Englisch:
„Ich liebe diese süßen Melodien, die wie Volkslieder klingen. Die Oper ist sehr lyrisch und für meine Stimme fantastisch geschrieben. Sonst habe ich einiges von Dvořák gesungen. Neben der ,Rusalka‘ bin ich auch in seinem ,Stabat Mater‘ und in der Kantate ,Die Geisterbraut‘ aufgetreten. In Zukunft erwarten mich gleich mehrere Janáček-Rollen. Ich versuche, verschiedenste Werke aus der tschechischen Musik zu singen.“