Klein, aber oho: Briefmarke Zinnoberroter Merkur in Prag erstmals öffentlich zu sehen
Wer eine echte philatelistische Rarität sehen will, muss sich beeilen: Ein Zinnoberroter Merkur wird gerade in Prag ausgestellt, und das nur noch bis Sonntag.
Quadratisch, praktisch, wertvoll: Der Zinnoberrote Merkur war schon zu Zeiten seiner Einführung keine gewöhnliche Briefmarke. Im Österreich-Ungarn Mitte des 19. Jahrhunderts diente er als sogenannte Zeitungsmarke, mit der sich der Abonnent regelmäßig sein Tageblatt zuschicken ließ.
Vom Zinnoberroten Merkur gibt es heute weltweit nur noch fünf Exemplare. Jenes, das am besten erhalten ist, wird derzeit zum allerersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt – und zwar in der Point Gallery in Prag.
„Diese Marken waren noch nie Bestandteil irgendeiner Ausstellung. Darum ist es heute die weltweite Premiere.“
So präsentierte Zdeněk Matějovský einen Teil seiner Privatsammlung bei der Ausstellungseröffnung am Montag. Matějovský ist Textilunternehmer im nordböhmischen Semily / Semil. Die rote Marke hat er erst diesen Sommer von einem Sammler aus Österreich erworben. Sie zeigt den Götterboten Mercurius, trägt einen schwarzen Stempel und gilt als die seltenste Briefmarke Europas. 1856 ist mit ihr ein Zeitungspaket von Wien aus verschickt worden. Es heißt, dass sie erst Ende des 19. Jahrhunderts von einem Prokuristen der Brauerei in České Budějovice / Budweis entdeckt, ausgeschnitten und an einen Bekannten weitergegeben worden sei.
Der geschätzte Wert des kleinen Papierstücks liegt heute bei zehn Millionen Kronen (390.000 Euro). Matějovský behandelt sie entsprechend vorsichtig und bekommt sie selbst eher selten zu Gesicht…
„Die Marke steckt natürlich in einem schwarzen Umschlag und wird im Tresor einer Bank gelagert. Es handelt sich jetzt also um eine Ausnahme, dass ich sie für die Ausstellung hergebracht habe. Danach wandert sie zurück in die Bank.“
Es wurden dann auch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen für die Schau, die im Kafka-Haus in der Prager Altstadt nur für insgesamt sechs Tage zu sehen ist. Sie bietet noch weitere philatelistische Raritäten, so zum Beispiel einen Adresszettel von der untergegangenen Titanic. Ausstellungsorganisator David Kopřiva:
„Auf dem Schiff gab es auch ein Postamt. Dessen Chef, ein Herr Woody, steckte sich bei der Evakuierung aus irgendeinem Grund einige Dutzend dieser Zettel in die Tasche. Alle Postmitarbeiter kamen ums Leben, und auch die erfrorene Leiche von Herrn Woody wurde einige Tage später im Eiswasser gefunden. In seiner Jacke waren immer noch die Postscheine, jetzt als gefrorener Packen. Hier zu sehen ist das einzig erhaltene Exemplar in ganz Europa.“
Zur Veranschaulichung steht in der Exposition auch ein Modell der Titanic. Zu entdecken ist außerdem die kleine Schwester der berühmtesten Briefmarke der Welt, der Blauen Mauritius. Vier ausgestellte Briefe tragen das Wertzeichen aus der zweiten Serie mit der Aufschrift „post paid“ (Porto bezahlt). Und in einem auffälligen Lila ist wiederum eine österreichische Flugpostmarke gehalten. Nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik wurde sie für die hiesige Post per Stempel umgewidmet. Im Falle des Ausstellungsstücks steht der Aufdruck „Pošta československá 1919“ (Tschechoslowakische Post 1919) auf dem Kopf, und das Exemplar kostet heute zwei Millionen Kronen (79.000 Euro).
Die Ausstellung „Filatelie – rarity a příběhy“ (Philatelie – Raritäten und Geschichten) ist noch bis Sonntag, 17. November, im Point Café & Gallery zu sehen. Die Adresse ist Náměstí Franze Kafky / Franz-Kafka-Platz 3. Geöffnet ist täglich von 11 bis 21 Uhr, und der Eintritt kostet 200 Kronen (8 Euro).