Nonkonforme Malerin aus Kladno – ein Nachruf auf Jitka Válová
Im Mittelpunkt ihres künstlerischen Werks standen ihr ganzes Leben lang menschenähnliche Figuren. Mit ihrer Schwester Květa gehörte sie zu den bedeutendsten Künstlerinnen der Nachkriegszeit. Am Sonntag ist die tschechische Malerin und Graphikerin Jitka Válová im Alter von 88 Jahren gestorben.
Die Kunsthistorikerin Marie Klimešová, die in den vergangenen Jahren einige Ausstellungen mit den Werken der beiden Schwestern betreute, hält die Malerinnen für ein einzigartiges Phänomen:
„Sie unterscheiden sich von den anderen Künstlern durch eine große Freiheit in ihrem Schaffen, die bisher beispiellos ist. Sie waren frei, unabhängig und menschlich. In ihren Bildern berührten sie sehr ernsthafte Dinge auf eine einzigartige Weise. Sie machten eine lange Entwicklung durch, zu malen fingen sie in den 1950er Jahren an im Stile eines sehr behutsamen Modernismus.“
Nach Inspiration suchten sie in der Heimatstadt Kladno. Sie waren von der Atmosphäre der dortigen Stahlwerke Poldi fasziniert. Ihr Schaffen entsprach aber nicht dem damals offiziellen sozialistischen Realismus. Dies bestätigte Jitka Válová selbst 2006 in einem Interview für den Tschechischen Rundfunk:
„Wir passten in diese Schublade nicht rein. Meiner Schwester wurde vorgeworfen, dass sie den Menschen allzu große Hände male, die an Affen erinnern. Ich wurde wiederum dafür kritisiert, dass meine Figuren allzu kleine Köpfe hätten - wie ohne Gehirn. Mir ging es beim Malen aber um die Bewegung. Ich wollte keine konkreten Individuen darstellen, sondern eher den Menschen als Träger eines Gefühls, eines Schicksals. Und die Auseinandersetzung damit hat mich interessiert.“ Kunsthistorikerin Marie Klimešová zufolge waren die Bilder aus dem Arbeitermilieu für die offiziellen Kritiker allzu roh und vermittelten nicht den damals erwünschten Optimismus. Die beiden Malerinnen waren zwar nicht direkt regimekritisch, aber sie waren wahrhaftig, meint die Kunsthistorikerin. In der tschechischen Kulturszene gehörten die Schwestern darum lange zu unterschätzten Outsidern. 1966 - in der Zeit einer gewissen Entspannung – fand die erste bilanzierende Ausstellung der beiden Malerinnen in der renommierten Prager Špála-Galerie statt. Auf eine nächste Ausstellung mussten die unkonformen Schwestern aber 27 Jahre warten. Erst nach der Wende von 1989 konnten sie auch im Ausland ausstellen und ihr Werk wurde auch entsprechend gewürdigt. 1994 wurden Květa und Jitka Válová in Wien mit dem Herder-Preis ausgezeichnet. Jitka Válová wurde 2003 zudem der Preis des Kulturministers für ihr Lebenswerk verliehen. Über die Schwestern, deren Bilder heutzutage in vielen bedeutenden ausländischen Sammlungen zu finden sind, wurden inzwischen einige Bildbände herausgegeben und Dokumentarfilme gedreht. Dem Kunsthistoriker Jiří Ševčík zufolge waren die „Válovky“, wie sie etwas familiär unter den Kunstliebhabern und Kennern genannt werden, auch aus dem folgenden Grund einzigartig:„Sie arbeiteten an der Peripherie - in Kladno und führten eine proletarische Existenz. Diese Verbindung einer proletarischen Existenz mit der Bohème finde ich beachtenswert. Denn sie waren wahrscheinlich die letzten Vertreterinnen dieses Standes.“
Eine Ausstellung aus dem Werk von Květa und Jitka Válová ist zurzeit in Litoměřice / Leitmeritz statt zu sehen, und zwar unter dem Titel „Eine kleine Retrospektive“ in der dortigen Nordböhmischen Galerie der bildenden Kunst. Sie dauert bis zum 17. April.