Nordmähren hat sich zu einer Topadresse für ausländische Investoren gemausert

Foto: www.hyundai.co.uk

Mitten in Europa entsteht aller Wahrscheinlichkeit nach bald der größte Stahlkoloss der Welt. Denn am Sonntag hat sich die westeuropäische Firma Arcelor mit Sitz in Luxemburg entschieden, mit dem Unternehmen Mittal Steel zu fusionieren. Sollte diese Fusion zustande kommen, dann würde der daraus hervorgehende neue Konzern rund ein Zehntel der Weltstahlproduktion auf sich vereinen.

EU-Korrespondent Vit Pohanka
Bestandteil dieses Superkonzerns wäre dann auch die neue Eisenhütte im mährischen Ostrava / Ostrau, die im Jahr 2003 von Mittal Steel übernommen wurde. Was dieser Fusion noch im Wege steht, dazu sagte der EU-Korrespondent des Tschechischen Rundfunks, Vit Pohanka:

"Es hat fünf Monate gedauert. Der europäischen Firma Arcelor hat es nicht gefallen, dass der Koloss Mittal Steel im Januar zunächst eine feindliche Übernahme im Schilde führte, das heißt ohne ein Angebot zu einer Einigung zu haben. Doch die Möglichkeit, dass sich Arcelor mit der russischen Firma Severstal einigen könnte, stieß ebenso auf Widerstand. Mittal Steel - in Tschechien der größte Stahlproduzent - erhöhte daraufhin das Angebot, das jetzt vom Arcelor-Vorstand akzeptiert wurde. Falls die Fusion von der Regierung Luxemburgs und von der Europäischen Union genehmigt wird, entsteht ein Unternehmen mit rund 350.000 Arbeitnehmern in 27 Ländern."

Wie der Direktor der Agentur Czechinvest, Tomas Hrudy, allerdings zu berichten weiß, sind die Arbeitsmöglichkeiten in der Industriezone von Mosnov damit noch längst nicht ausgereizt:

"Schon heute können wir in Zusammenarbeit mit der Stadt Ostrava weiteren Investoren sehr günstige Grundstücke anbieten. Diese Investoren rekrutieren sich nicht nur aus Zulieferern des Autoherstellers Hyundai, sondern auch aus Firmen anderer Sektoren. Das sind Firmen, die ein Interesse daran haben, in Nordmähren zu investieren und die dank dieser Industriezone nun eine lukrative Lokalität zur Realisierung ihrer Investitionen gefunden haben."

Und wir können auch noch über ein drittes Beispiel berichten, das dokumentiert, wie attraktiv der Industriestandort Nordmähren mittlerweile für ausländische Investoren geworden ist. Im unweit von Ostrau gelegenen Koprivnice / Nesselsdorf - bekannt durch den hier ansässigen Tatrakonzern - wird nämlich auch der deutsche Hersteller von Plastbauteilen für die Autoindustrie, die Firma Röchling Automativ, ein neues Werk errichten. Dank dieses Betriebs sollen auch hier 120 neue Arbeitsplätze entstehen. Weitere Einzelheiten erklärt Miroslav Privetivy:

"In der ersten Phase will die Firma Röchling Automativ zirka 300 Millionen Kronen investieren. Die Firma hegt die Absicht, das Werk im November zu eröffnen und dann sofort die Produktion aufzunehmen."

Bis November ist noch ein paar Monate Zeit, was die Werktätigen in Tschechien derzeit aber am meisten interessiert, ist die unmittelbar bevorstehende Haupturlaubssaison. Sie entfällt alljährlich auf die Sommermonate Juli und August, da im kompletten Zeitraum der genannten zwei Monate die Schüler und Gymnasiasten in Tschechien ihre großen Ferien genießen dürfen. Die Ferienzeit ist natürlich auch die Hauptreisezeit, und genau diese Periode wird von den meisten Kraftstoffherstellern in der Regel genutzt, um die Benzin- und Dieselpreise wieder einmal anzuheben. Doch allem Anschein nach wird dieser "Aufschlag" in diesem Jahr in Tschechien erfreulicherweise nicht besonders hoch ausfallen. Zumal einige Tage vor dem Beginn der Sommerferien der Benzinpreis um durchschnittlich neun Heller gefallen ist und er sich derzeit bei 31 Kronen und 17 Heller für den Liter Super bleifrei bewegt. Wie es um ihn in den nächsten Tagen und Wochen bestellt sein sollte, dazu sagte der Analytiker der Gesellschaft Colosseum, Stepan Pirk:

"Das wahrscheinlichste Szenarium wird sein, dass die Preise stagnieren werden. Das dürfte für alle Motorisierten eine sehr gute Nachricht sein. Wir rechnen nicht damit, dass wegen des Sommers und der steigenden Nachfrage die Benzin- und Dieselpreise ansteigen werden, weil die Märkte schon frühzeitig reagiert haben. Und da sie in den zurückliegenden Tagen nicht gestiegen sind, rechnen wir auch nicht mehr damit, dass sie noch dramatisch nach oben schnellen werden."

Der Urlaub kann also kommen. Zumal die Tschechen bei ihrer Urlaubsplanung ohnehin flexibler geworden sind. Immer mehr Reisen werden hierzulande über das Internet gebucht. Experten schätzten, dass im vorigen Jahr in Tschechien Urlaubsreisen in einer Gesamtsumme von umgerechnet 50 Millionen Euro via Internet verkauft wurden. Das entspricht einer Steigerung von 90 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Jahr 2004. In diesem Jahr rechnet man mit einer erneuten Steigerung von weiteren 50 Prozent. Die Tschechen greifen nämlich immer häufiger gern auf das Internet zurück, weil eine hier gebuchte Urlaubsreise in der Regel billiger zu haben ist, bemerkt der Analytiker der Gesellschaft Mag Consulting, Jaromir Beranek. Und dieser Trend werde sich in der Zukunft fortsetzen, ergänzt Beranek:

"Wenn wir schon jetzt bis an den Horizont der Jahre 2009 und 2010 schauen, dann gehen wir davon aus, dass dann rund ein Drittel aller in Tschechien verkauften Urlaubsreisen via Internet gebucht wird."

Die Winzer zum Beispiel wollen auch in diesem Jahr wieder Reben zu rund 550.000 Hektoliter Wein verarbeiten. Diese Menge sei jedoch noch längst nicht das Ende der Fahnenstange, bemerkt der Sekretär des tschechischen Winzerverbandes Martin Pucek. Seiner Meinung nach werde die hiesige Jahresproduktion in nicht allzu ferner Zukunft auf 700.000 bis 800.000 Hektoliter Wein ansteigen, sofern die Winzer wegen der Wein-Billigimporte aus dem Ausland nicht in existenzielle Probleme geraten:

"Der Weinpreis ist ein Problem, denn zwei Drittel des in Tschechien angebotenen Weins werden importiert. Und zwar als billiger Fasswein, der in Tetrapacks abgefüllt ist und lediglich sieben bis zehn Kronen je Liter kostet. Das sind natürlich Preise, mit denen wir nicht konkurrieren können. Diese Dumpingpreise entstehen dadurch, weil vor allem die Winzer in Italien und Österreich über ganz andere Subventionen verfügen als wir. Sie sind daher in der Lage, einen Teil ihrer Produktion zu diesen Preisen zu verkaufen."