Nové Město erweist sich als WM-Gastgeber von höchstem Format

Veronika Vítková (Foto: ČTK)

Die Biathlon-Weltmeisterschaft in Nové Město na Moravě / Neustadt in Mähren ist seit Sonntag schon wieder Geschichte. Es war eine phantastische WM mit durchweg spannenden Rennen, einer großen, stimmgewaltigen Zuschauerkulisse und einer nahezu perfekten Organisation. Sportlich wird sie als „WM der Norweger“ in die Annalen eingehen, denn die Skandinavier haben nicht weniger als acht Goldmedaillen in den elf Wettbewerben abgeräumt. Darüber hinaus aber hat die WM in Tschechien eine Begeisterung entfacht, wie man sie sonst nur von den hiesigen Nationalsportarten Eishockey, Fußball und Tennis kennt.

Jiří Hamza  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Kurz vor Beginn der ersten Biathlon-Weltmeisterschaft in Tschechien war WM-Organisationschef Jiří Hamza noch sichtlich nervös. Wird alles klappen? Wird man der Welt zeigen, dass man solch einen Event auch in der Region Vysočina hervorragend ausrichten kann? Diese Fragen wurden schnell beantwortet. Schon nach den ersten Wettkampftagen, als die Zuschauer in Scharen in die neue Arena strömten, zeigte sich Hamza hocherfreut:

„Super, ein tolles Gefühl. Das ist die größte Belohnung für die acht Jahre Arbeit, die meine Leute und ich hinter uns haben.“

Foto: Ondřej Nováček,  Tschechisches Fernsehen
In den zurückliegenden acht Jahren haben die Leute um Hamza das einstige Langlaufareal in Nové Město um eine Biathlonanlage erweitert, die jedem internationalen Vergleich standhält. Die wie zu einem kleinen Stadion hochgezogenen Traversen im Start- und Zielbereich bieten 17.000 Besuchern Platz, an der Langlaufstrecke können bis zu 10.000 Menschen zuschauen. An vier von acht Wettkampftagen war das Areal mit 27.000 Zuschauern ausverkauft und auch bei den restlichen Rennen lag die Besucherzahl im zweistelligen Bereich. Hamza konnte deshalb am Ende der WM zufrieden konstatieren:

Foto: Hynek Roleček,  Tschechisches Fernsehen
„Das Ziel war, 150.000 Tickets zu verkaufen. Dieses Ziel haben wir übertroffen, denn die Zahl der verkauften Eintrittskarten bewegt sich um die 190.000.“

Die exakte Zuschauerzahl der WM-Rennen wurde mit 191.000 angegeben, rechnet man die Besucher der Eröffnungsfeier hinzu, haben sogar über 200.000 Menschen die WM vor Ort verfolgt. Eine hervorragende Resonanz, die auch vom Chef des Internationalen Biathlon-Verbandes (IBU), Anders Besseberg, in höchsten Tönen gelobt wurde:

Anders Besseberg  (Foto: Archiv der Tschechischen Biathlon Union)
„Viele Leute hatten Zweifel an diesem WM-Ort. Besonders nach den vorjährigen Titelkämpfen in Ruhpolding, dem Mekka des Biathlons. Sie sagten, dass Nové Město wieder ein Schritt zurück bedeuten würde. Aber unsere tschechischen Freunde haben gezeigt, dass dies nicht wahr ist. Hier ist alles auf einem sehr hohen Niveau. Daher sollten nicht nur die Organisatoren, sondern alle Tschechen stolz darauf sein, was sie hier gezeigt haben.“

Auch der Chef des tschechischen Biathlon-Verbandes, Václav Fiřtík, war überwältig vom großartigen Fluidum dieser Weltmeisterschaft:

„Alle sind positiv geschockt von der phantastischen Atmosphäre, die hier herrscht. Ich glaube, heute haben auch jene Deutschen den Weg zu uns gefunden, die uns anfangs unterschätzt haben. Gerade habe ich die Gratulation von deutschen Vertretern entgegengenommen. Sie äußerten sogar, dass diese WM fast noch höher einzustufen sei als die Veranstaltungen in Ruhpolding oder Antholz, weil bei uns alles super organisiert sei.“

Ondřej Moravec  (Foto: ČTK)
Die tolle WM-Atmosphäre hat letztlich auch die Biathleten zu Höchstleistungen angespornt. Darunter die Skijäger des Gastgeberlandes, die mit dem Gewinn der Bronzemedaille in der Mixed-Staffel sehr stimmungsvoll in die Titelkämpfe gestartet waren. In den Einzelwettbewerben war es besonders der 28-jährige Ondřej Moravec, der zu überzeugen wusste. In der Einzelkonkurrenz der Männer hatte er sogar den WM-Titel im Visier, doch ein Fehlschuss beim letzten Schießen ließ ihn auf den vierten Platz abrutschen.

„Dieser Fehlschuss ärgert mich schon etwas, beim Schießstand habe ich nicht ganz das gezeigt, was ich mir vorgestellt habe. Ich bin dennoch zufrieden. Eine WM-Medaille habe ich schon, auch wenn eine im Einzel noch schöner gewesen wäre. Aber so ist halt Biathlon.“

Ondřej Moravec  (Foto: ČTK)
Und weil in dieser Sportart nichts entschieden ist, bevor nicht der letzte Schuss gefallen ist, besaß Moravec auch im Massenstart-Rennen noch die große Chance auf den Gewinn einer Einzelmedaille. Aber auch hier wurde es nur der undankbare vierte Rang:

„Mich verdrießt es sehr, wieder nur Vierter geworden zu sein, aber im Liegendschießen bin ich noch zu langsam. Vor dem Rennen wollte ich unter die Top 10 kommen, von daher habe ich meinen Plan mehr als erfüllt. Die Zuschauer heute waren erneut phantastisch. An der Strecke haben sie mich immer wieder nach vorn getrieben. Gerade wenn ich mich etwas schwächer fühlte, haben sie mich angefeuert, so dass ich gar nicht nachlassen konnte. Das hat mir beim Laufen sehr geholfen.“

Veronika Vítková  (Foto: ČTK)
Für die tschechische Mannschaft standen am Ende zudem noch ein sehr guter 8. Platz von Veronika Vítková in der Verfolgung sowie weitere vordere Platzierungen von ihr und Gabriela Soukalová in allen Frauen-Wettbewerben zu Buche. Für die tschechischen Gastgeber aber bleibt das erfreulichste Fazit: Als WM-Veranstalter hat man mit Bravour bestanden! Daher hat Jiří Hamza schon die nächste Biathlon-Weltmeisterschaft in Nové Město ins Auge gefasst:

„Wir wollen schon jetzt beginnen, an der Kandidatur für eine weitere Weltmeisterschaft zu arbeiten, und zwar für das Jahr 2019 oder 2021.“


Eishockey: Lev Prag erreicht in Debütsaison sofort die Play-offs

HC Lev Prag  (Foto: ČTK)
Im Eishockeysport erinnern sich die älteren Fans in Tschechien oft und gern an die großen Schlachten, die sich Mannschaften der damaligen Tschechoslowakei mit der einst als übermächtig geltenden Sowjetunion geliefert haben. Das ambivalente Verhältnis zur dortigen Eishockeyschule hat sich seitdem kaum geändert, daher wurde das jüngste Kapitel in den tschechisch-russischen Auseinandersetzungen auch mit gemischten Gefühlen beäugt. Seit Beginn der laufenden Saison 2012/13 nimmt erstmals ein tschechisches Team an den Punktspielen der Kontinentalen Hockey-Liga (KHL) teil, die von Moskau aus organisiert und finanziert wird. Es ist der HC Lev Prag – ein Verein, der quasi über Nacht ins Leben gerufen wurde und dessen erste Mannschaft vorwiegend mit tschechischen und slowakischen Spielern bestückt wurde. Interessanterweise sind es gerade die jüngeren Sportfans, die dieses „Retorten-Team“ in seiner ersten Saison tatkräftig unterstützen. Dafür wurden sie nun auch belohnt: Nach den 52 Punktspielen hat sich der HC Lev sofort für die anstehenden Play-offs qualifiziert.

Ondřej Němec  (Foto: Archiv HC Lev Prag)
Der Weg zu diesem Ziel erwies sich jedoch als sehr steinig und holprig. Dem sehr guten Saisonauftakt mit sechs Siegen in den ersten sieben Begegnungen folgte eine niederschmetternde Pleitenserie, in der die Prager ab dem 10. Spieltag gleich ein Dutzend der folgenden 14 Spiele verloren. Und auch der Wendepunkt zum Positiven, der 5:4-Heimsieg gegen Severstal Cherepovets, war ein Wechselbad der Gefühle:

„Ich habe immer daran geglaubt, dass wir es schaffen können. Die größten Zweifel daran hatte ich allerdings nach dem ersten Drittel gegen Cherepovets, als wir 0:3 in Rückstand lagen. Umso schöner ist es, dass wir einschließlich dieser Partie noch fünfmal in Folge gewonnen haben und jetzt in den Play-offs stehen“, sagte Lev-Verteidiger Ondřej Němec.

Der 28-jährige Nationalspieler ist eine der Stützen im Team der Löwen und weiß, wie wichtig das Erfolgserlebnis gegen Cherepovets war:

Václav Sýkora  (Foto: Archiv HC Lev Prag)
„In diesem Spiel haben wir zwei Drittel lang eine Leistung geboten, die so niemand mehr von uns erwartet hatte. In der ersten Drittelpause davor ging es in unserer Kabine allerdings auch ziemlich laut zu: Der Trainer und die älteren Spieler haben dabei klar und deutlich gemacht, was und wie wir eigentlich zu spielen haben. Danach haben wir endlich alle an einem Strang gezogen.“

Weil dem so war, konnte Trainer Václav Sýkora nach dem 2:0-Auswärtssieg bei Spartak Moskau dann auch erleichtert durchatmen:

„Wir sind sehr, sehr froh, dass wir den Einzug in die Play-offs schon nach dem vorletzten Spieltag geschafft haben. Der Druck wäre nämlich unerträglich hoch geworden, wenn erst das letzte Spiel darüber entschieden hätte. Und noch dazu in Donezk gegen ein Team, das selbst noch um die Play-offs kämpft.“

Jiří Novotný  (Foto: ČTK)
Die abschließende 1:2-Niederlage nach Penalty-Schießen konnte Lev Prag also verschmerzen. Jetzt sind die Blicke der Prager aber bereits nach vorn gerichtet, denn in der ersten Play-off-Runde bekommen sie es mit dem russischen Renommierclub ZSKA Moskau zu tun. Kapitän Jiří Novotný sieht aber durchaus Chancen in der Serie Best of seven gegen den 32-fachen sowjetischen Meister und 20-fachen Europapokalsieger:

„Natürlich hatten wir vor der Saison das Ziel, in die Play-offs zu gelangen. Die Liga ist jedoch so stark und ausgeglichen, dass es viele andere gute Teams nicht geschafft haben. Von daher sind wir sehr zufrieden und erleichtert. Jetzt aber hoffe ich, dass wir in den Play-offs noch einiges zeigen können.“

Gegen ZSKA Moskau tritt Lev Prag zunächst zweimal auswärts an, ehe die Löwen Radulow & Co. am Sonntag und am Montag in eigener Halle empfangen. In die nächste Runde gelangt das Team, das in diesem Duell vier Spiele gewinnt.

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort:
abspielen