Nylonstrümpfe und goldene Halskette – Schätze der Prager Stadtherren

Oberbürgermeister-Kette (Foto: Archiv des Stadtmuseums von Prag)

Nicht nur die tschechischen und zuvor die tschechoslowakischen Premiers sind während ihrer Amtszeiten viel gereist. Auch die Prager Oberbürgermeister schauen sich in der Regel mehrmals im Jahr in anderen Ländern um. Von diesen Reisen oder den Gegenbesuchen haben sich so einige Geschenke angesammelt. Das Prager Stadtmuseum zeigt derzeit eine Auswahl dieser Schätze.

Oberbürgermeister-Kette  (Foto: Archiv des Stadtmuseums von Prag)
Eigentlich handelt es sich um eine Doppelausstellung. Denn neben den zahlreichen Geschenken ist auch noch das wichtigste Insigne der Prager Stadtherren ausgestellt – eine schwere goldene Halskette. Doch den größeren Raum nehmen die vielen Gegenstände fremdländischer Herkunft ein. Pavla Státníková ist Kuratorin der Ausstellung:

„Der Hauptakzent liegt auf Gegenständen aus den Jahren nach 1989, also aus der Amtszeit der Oberbürgermeister Koukal, Kasl, Bém, Svoboda und sogar des derzeitigen OBs Hudeček. Einige Exponate stammen aber aus den frühen 1950er Jahren, als Vacek an der Spitze Prags stand, und aus der Zwischenkriegszeit von Oberbürgermeister Baxa.“

Insgesamt 120 Gegenstände befinden sich in den Vitrinen des städtischen Museums in der Prager Neustadt.

Pavla Státníková  (Foto: Archiv Radio Prag)
„Häufig sind es Erinnerungsstücke wie Teller, Plaketten, Medaillen oder Figuren. Aber wir haben auch etwas ungewöhnlichere Exponate. Dazu gehören sicher die Nylonstrümpfe, die Oberbürgermeister Václav Vacek bei seinem Besuch in der DDR von Staatspräsident Wilhelm Pieck überreicht bekam. Es waren die ersten Kunststoff-Strümpfe der DDR“, so Státníková.

Die Stücke kommen aber auch aus weiter entfernten Gegenden der Welt, so zum Beispiel kleine Altäre aus Japan oder Schattentheater-Puppen aus China.

Das wertvollste Exponat befindet sich jedoch im zweiten Teil der Ausstellung und ist rein tschechischer Provenienz. Es handelt sich um die Oberbürgermeister-Kette aus dem Jahr 1897. Entworfen hatte das gute Stück zufälligerweise derselbe Architekt, der auch das Gebäude des städtischen Museums geplant hat: Antonín Balšánek. Václav Ledvinka leitet das Prager Stadtarchiv:

Václav Ledvinka  (Foto: Archiv Radio Prag)
„Die Kette kann sich zwar nicht mit der Wenzelskrone oder weiteren Insignien der böhmischen Könige messen, denn sie ist viele Jahrhunderte jünger. Aber sie ist es ein einzigartiges und zudem das wichtigste Symbol der Herrschaft über die Stadt Prag. Die Kette besteht aus einem Kilo Gold und böhmischem Granat. Der reine Nennwert läge sicher bei vielen Millionen Kronen, den kulturhistorischen Wert wage ich hingegen nicht zu beziffern.“

Das wertvolle Stück wird separat gezeigt – und das unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen. Die Leiterin des Stadtmuseums, Zuzana Strnadová, gibt sich geheimnisvoll:

„Wir sorgen natürlich gut für die Kette. Wir haben eine Spezial-Vitrine herstellen lassen, die sowohl die Aufbewahrung bei optimalen Temperaturen ermöglicht, als auch die nötige Sicherheit bietet. Wie das genau funktioniert, das dürfen wir aber nicht verraten.“

Tomáš Hudeček  (Foto: Kristýna Maková)
Seit Ende des 19. Jahrhunderts tragen die Prager Oberbürgermeister die Kette. Zunächst geschah dies nur bei besonderen Anlässen, seit dem Zweiten Weltkrieg aber regelmäßig. Der neue OB Tomáš Hudeček entschied bei seiner Wahl im Juni jedoch, die Kette ins Museum zu verbannen. Sie sei zu vorbelastet, behauptete der Politiker von der konservativen Partei Top 09. Ihn erinnere die Kette zu sehr an den „Einen Ring“ aus dem Roman Herr der Ringe. Viele von Hudečeks Vorgängern mussten tatsächlich vorzeitig ihr Amt aufgeben. Der Aberglaube des Bürgermeisters ermöglicht nun, dass nach über 100 Jahren die Kette erstmals öffentlich ausgestellt werden kann.

Die Ausstellung der Oberbürgermeister-Kette und der Geschenke an die Prager Stadtvertreter ist noch bis zum 16. Oktober zu sehen.