Oblaten und Pilze statt Karpfen mit Kartoffelsalat
Fischsuppe und panierter Karpfen mit Kartoffelsalat – so sieht heutzutage die typisch tschechische Tafel zu Heiligabend aus. Ursprünglich war das Essen an den Weihnachtsfeiertagen aber deutlich anders.
„Das war kein gastronomischer Höhepunkt, aber eher ein symbolischer Startschuss für Heiligabend. Es handelte sich um verschiedenartige Oblaten, die als Symbol für die Hostie in der Kirche dienten. Sie waren so eine Art Ritual. Oft wurden sie mit Honig beschmiert. Meist nahm man aber gleich drei Zutaten, die Gesundheit im neuen Jahr bringen sollten: Knoblauch, Hagebutten und Honig.“
Darauf folgten laut der Fachfrau verschiedene Suppen, nicht immer aber war das die heute übliche Fischsuppe. Die alten Tschechen ließen sich vor allem Hülsenfrüchte schmecken, aber auch Kohl und Pilze. Letztere seien zu Heiligabend etwas ganz besonderes gewesen, meint Petra Tajovský Pospěchová. Insgesamt herrschte die Meinung vor, dass Pilze etwas Gottgegebenes seien und damit viel edler als Fleisch oder Gemüse. Deshalb finden sich gerade zu Weihnachten auf tschechischen Tischen viele Pilzgerichte:
„Bekannt ist der sogenannte Kuba aus Südböhmen – eine gebackene Graupenspeise mit Pilzen. Da ist klar zu sehen, wie das Essen ein Spiegelbild der Region ist, denn Südböhmen ist ein Pilze-Paradies. Im Norden hingegen finden wir den Houbovnik. Der ist dem Kuba sehr ähnlich, nur dass statt Graupen beispielsweise alte Semmeln verbacken werden. In anderen Regionen macht man an Heiligabend auch Brei mit Pilzen oder tischt getrocknete Pilze einfach so auf.“Aber nun zum Fisch. Dieser liegt laut der Gourmet-Fachfrau erst seit jüngerer Zeit auf jedem Tisch in Tschechien. Denn lange galt er als Privileg:
„Fisch gehört seit jeher zu bestimmten Regionen Tschechiens, doch waren die meisten Teiche lange im Besitz von Klöstern oder Adelssitzen. Die einfachen Leute hatten also keinen Zugang dazu, außer sie haben gewildert. Diese kleine Sünde wurde vor allem in Gegenden mit Fischteichen vor Heiligabend dann doch häufiger begangen. Später wurde Fisch an Heiligabend populär, weil er einerseits ein Fasten-, andererseits aber durchaus ein Festessen war. Und besonders beliebt war der Karpfen, den man hierzulande wirklich in jedem Gewässer finden konnte.“
„Prag unterschied sich sehr vom Rest des Landes, vor allem ab dem 19. Jahrhundert. Da setzte sich in der Stadt ein französischer Lebensstil durch, und es wurden Sachen gegessen, die ein paar Kilometer weiter auf dem Land unglaublich exotisch schienen. Die Menschen verstanden überhaupt nicht, was die Prager sich da auftischten. Eine solche Sache war, dass in der Hauptstadt Schnecken mit Kräuterbutter zu Weihnachtstradition wurden. Ich glaube, dass man sie in einigen Restaurants auch heute noch am 24. Dezember auf der Tageskarte finden kann.“
Im restlichen Tschechien ging es nicht nur bei den Hauptspeisen bescheidener zu, sondern auch beim Dessert. Was ist aber ein typisch tschechischer süßer Abschluss an Heiligabend? Dazu Petra Tajovský Pospěchová„Ganz am Anfang aß man wahrscheinlich getrocknete Äpfel. Trockenobst hatte wirklich jeder daheim. Und jeder Hausfrau gelang es auch, diese natürlichen Süßigkeiten bis Weihnachten vor den hungrigen Kindern zu retten. Mit den Apfelringen schmückte man später den Weihnachtsbaum. In reicheren Region setzten sich später unter anderem Lebkuchen durch sowie der Weihnachtsstriezel. Der besteht aus teurerem weißen Mehl, und mit dem Backen der Striezel ist oft auch eine Familientradition verbunden.“
Reicher gedeckt war die Tafel dann am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag. Da durfte nämlich wieder ungezügelt geschlemmt werden, traditionell kamen dazu Gänse und Enten auf den Tisch.